Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Entscheidung über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in mehreren europäischen Ländern wird erst im kommenden Jahr fallen. Das kündigte der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling an, der die Gespräche von zehn EU-Staaten leitet, die derzeit über die mögliche Einführung einer solchen Steuer verhandeln.
Zwar habe er eine Entscheidung noch im Dezember angestrebt, aber "einige Länder müssen noch Daten einliefern", sagte Schelling vor Beratungen der EU-Finanzminister in Brüssel, denen er über das Vorhaben Bericht erstatten wollte. Auch habe eine am Montag geplante Sitzung verschoben werden müssen, da Italien nach dem gescheiterten Referendum in dem Land nicht an den Beratungen teilgenommen habe. "So wird es sich auf Januar verzögern", sagte Schelling. Die betreffenden Länder, die noch Fragen hätten, sollten dann ihre Daten liefern oder sich entscheiden, ob sie dabeiblieben.
Aus der deutschen Regierungskoalition wurde die erneute Verschiebung hart kritisiert. "Die Absage des Treffens und die erneute Vertagung ist eine große Enttäuschung", sagte SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider. "Ich erwarte, dass Deutschland bei der Einführung der Finanztransaktionssteuer endlich mal vorangeht." Schafften dies die Finanzminister nicht, müsse Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Thema am Rande des kommenden EU-Gipfels ansprechen. Erreiche Merkel im Dezember kein Ergebnis, werde er sich "für die Einführung einer nationalen Steuer einsetzen".
Mitte Oktober hatten sich die zehn Staaten grundsätzlich auf Prinzipien für die Steuer geeinigt. Mehrere von ihnen wollten allerdings bis zum Jahresende noch einmal mögliche Auswirkungen auf ihre Pensionssysteme prüfen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erwartete seinerzeit, dass sich die erforderliche Mindestteilnehmerzahl von neun Staaten für das Projekt finde. Die SPD hatte ihn schon damals dazu aufgefordert, sich mit aller Kraft für das Projekt einzusetzen.
Bemühungen um eine EU-weite Transaktionssteuer waren 2013 gescheitert, weil vor allem Großbritannien und Schweden diese ablehnten. Daraufhin wurde das Vorhaben im Zuge einer "verstärkten Zusammenarbeit" einzelner Länder weitergeführt. Dafür sind nach EU-Recht mindestens neun Länder nötig. Mit der Steuer soll die Finanzbranche an den Kosten künftiger Krisen beteiligt werden.
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December 06, 2016 06:07 ET (11:07 GMT)
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