
Ob das Ereignis in ein paar Monaten oder Jahren jedoch noch andere Personengruppen als die Wirtschaftshistoriker beschäftigt, steht auf einem anderen Blatt. Es ist nämlich fraglich, ob der Schritt den Ölpreis nachhaltig auf ein höheres Niveau hieven wird. Zweifel sind aus mehreren Gründen angebracht.
So ist kaum damit zu rechnen, dass sich die Staaten innerhalb und außerhalb der Opec an die Versprechen halten. Das Unterlaufen der Quoten durch eine insgeheim höhere Förderung hat es in der Opec-Geschichte häufig gegeben. Wie sagte unlängst sogar der frühere saudische Ölminister Ali al-Naimi: "Wir neigen zum Schummeln." Als Vorboten eines solchen Verhaltens könnte man ansehen, dass die Opec vor dem Inkrafttreten der Beschlüsse per Anfang Januar derzeit den Ölhahn aufdreht wie noch nie. Erstmals - schon wieder ein Ereignis für Historiker - produziert sie mehr als 34 Mill. Barrel pro Tag (bpd). Nicht übersehen werden sollte auch, dass der Iran hart daran arbeitet, alte Marktanteile wiederzugewinnen, an Kürzungen also keinerlei Interesse hat.
Was Saudi-Arabien betrifft, so übernimmt das Land zwar den Löwenanteil der Kürzungen. Diese stimmen jedoch zeitlich mit der üblichen Wartungsphase der Ölfelder überein. Saudi-Arabien kann also seine aktuellen Mengen auch ohne Kürzungsverpflichtung kaum halten. Russland wiederum wird die versprochenen 300.000 bpd erst gegen Ende des ersten Quartals erreicht haben. Man könnte also sagen, dass die Staaten mit ihren Beschlüssen zumindest teilweise auf Show-Effekte setzen.
Vor allem aber sind zeitweilig höhere Preise ein Signal für die nordamerikanischen Schieferölproduzenten, die Förderung kräftig hochzufahren. Diese Produzenten werden durch Kostensenkungen immer konkurrenzfähiger, sie können zudem rasch auf veränderte Marktgegebenheiten reagieren. Sie - und nicht mehr die Opec-Staaten - gelten inzwischen als die Herren des Ölmarktes. Was man ebenfalls als eine historisch bedeutsame Entwicklung bezeichnen könnte.
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