Von Christian Grimm
BERLIN (Dow Jones)--Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, hat vor dem Ende des Wirtschaftsaufschwungs in Deutschland seit der Finanzkrise gewarnt. "Die goldenen Jahre gehen zu Ende", sagte Fratzscher im Gespräch mit Dow Jones Newswires.
Hierzulande gebe es aber den gefährlichen Eindruck, dass die Konjunktur einfach so gut weiterlaufe werde. "Das Wachstum wird sich aber spürbar abschwächen", warnte der DIW-Direktor. Als Gründe dafür führte er an, dass die Unternehmen schon heute 1 Million freie Stellen nicht besetzen können und in mittlerer Zukunft der Mangel an Fachkräften noch deutlich steigen werden, wenn die Babyboomer in Rente gehen. Die deutsche Wirtschaft werde es dann schwer haben, so wie heute schneller als ihr Potenzialwachstum von rund 1,2 Prozent zuzulegen. Im vergangenen Jahr hatte die Wirtschaftsleistung real um 1,9 Prozent angezogen.
Die Zeit der großen Haushaltsüberschüsse ist nach Fratzschers Einschätzung ebenso vorbei. Schon 2018 wird der Gesamtstaat aus Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen wieder in die roten Zahlen rutschen. Hauptgrund ist für den Wirtschaftsprofessor eine falsche Politik der Großen Koalition. "Deutschland predigt international Austerität. Selber haben wir aber das Gegenteil gemacht", klagte er.
So habe Schwarz-Rot die Kosten der Sozialsysteme über Mütterrente und Rente mit 63 in die Höhe getrieben. "Das alleine sind jedes Jahr 10 Milliarden Euro mehr". Hinzu komme, so Fratzscher, dass wegen der alternden Gesellschaft in den kommenden Jahrzehnten die Aufwendungen für die Gesundheitsvorsorge massiv zunehmen werden.
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January 20, 2017 08:35 ET (13:35 GMT)
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