Ulm (ots) - In Kasachstan boten die beiden Kriegsparteien Syriens diese Woche wieder das übliche Spektakel. Sie überzogen sich mit Beschimpfungen und weigerten sich strikt, von Angesicht zu Angesicht miteinander zu reden. Das substanzielle Geschehen in Astana lief ab zwischen Russland, der Türkei und Iran, den drei Initiatoren der Konferenz. Amerika, Europa und China dagegen waren Zaungäste. Das zeigt, wie sehr sich die internationalen Koordinaten des Konflikts nach dem Fall von Aleppo verschoben haben. Die Wortführer sind jetzt Moskau und Ankara, obwohl sie sich sechs Jahre lang als indirekte Kriegsgegner gegenüber standen. Beide wollen das Blutbad beenden und gleichzeitig ihren Einfluss in Syrien langfristig sichern. Russland geht es dabei um eine dauerhafte Militärpräsenz und eine feste Verankerung seiner Machtinteressen im Nahen Osten. Die Türkei wiederum strebt nach Dominanz über den kurdischen Norden Syriens, um die Autonomiewünsche ihrer eigenen kurdischen Minderheit in Schach zu halten. Doch unter der neuen Brücke Moskau-Ankara klaffen fast die gleichen Abgründe wie vor einem Jahr, als der Waffenstillstand und Verhandlungsprozess der Vereinten Nationen in Genf scheiterte. Die Liste der möglichen Spielverderber ist nach wie vor lang. Die Dschihadisten, allen voran die Al-Nusra-Front, waren in Astana nicht erwünscht und sind von der Feuerpause ausgeschlossen, obwohl sie die kampfstärksten Assad-Gegner sind. Auch der Iran, der sich nur mit Mühe einbinden ließ, würde am liebsten weiterkämpfen. Denn den Strategen in Teheran schwebt für die Nachkriegszeit ein wesentlich opulenteres Machtszenario vor. Sie wollen ihre regionale Hegemonie unangreifbar machen mit einem schiitischen Korridor vom Iran über den Irak und Syrien bis in den Libanon. Dazu setzen sie auf eine panarabische schiitische Milizenarmee. Wie im Libanon die Hisbollah soll sich diese in Syrien und Irak als permanenter Gegenspieler von Staat und Armee etablieren und so den Einfluss Teherans auf das Innenleben beider Nationen garantieren. Eine Machtbeteiligung der Assad-Gegner, wie sie Russland und der Türkei vorschwebt, würde da nur stören. Zudem wird sich Irans Gegenspieler Saudi-Arabien nicht so einfach zur Seite schieben lassen. Das Königreich gehörte neben der Türkei zu den Hauptsponsoren der stark geschwächten sunnitischen Rebellen, finanziert gleichzeitig Kampfeinheiten aus dem dschihadistischen Lager wie Ahrar al-Sham. Geräuschlos werden die Saudis das Feld nicht räumen, wenn es dem russisch-türkischen Duo nicht gelingt, den Iran besser in Schach zu halten. Insofern liegt der Schlüssel, den Konflikt zu beenden, jetzt vor allem in Moskau. Der Kreml muss den Iran und das syrische Regime dazu bringen, den Waffenstillstand im ganzen Land zu respektieren, die Strangulierung der Hungerenklaven aufzugeben und am Ende die Macht irgendwie mit den Aufständischen zu teilen. Denn der neue Partner Türkei wird nur an Bord bleiben, wenn er den geschwächten Rebellen eine akzeptable Perspektive für die Nachkriegszeit anbieten kann.
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