Essen (ots) - Es ist verblüffend, wie lange die Politik manchmal braucht, um die eigentlich absehbaren Folgen ihrer Entscheidungen und Weichenstellungen einzuräumen. Siehe Armutsbericht. Dort steht jetzt schwarz auf weiß, dass ein Aufspreizen der Vermögens- und Einkommensschere dazu führen kann, dass Bürger das Vertrauen in die bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verlieren. Was für eine Überraschung! In den vergangenen Jahren hat die Bundespolitik alles dafür getan, dass ein solcher Zustand erreicht wird - die Vermögenden und Gutverdiener wurden entlastet, zugleich wurde dem Wuchern des Niedriglohnsektors der Weg bereitet. Sicher, das hat die Wirtschaft angekurbelt. Aber es hat eben auch zu den Verstimmungen und den Abstiegsängsten geführt, die sich nun Populisten zu eigen machen; und erst jetzt, wo eine AfD Erfolge erzielt, wird die richtige Diagnose gestellt. Fehlen nur noch die richtigen Schlussfolgerungen - immerhin will zumindest der SPD-Kanzlerkandidat gegensteuern. Ziemlich arm ist am aktuellen Armutsbericht, dass die Regierung sich nicht traut, eine andere offensichtliche Fehlentwicklung zu Ende zu denken: Deutschland bewegt sich Richtung Elitendemokratie. Die Ärmeren sehen immer weniger Sinn darin, wählen zu gehen, Politik wird aber für Wähler gemacht, also für die Betuchteren. Ein Teufelskreis, der möglichst rasch durchbrochen werden muss.
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