Von Stefan Lange
BERLIN (Dow Jones)--Deutschland strebt auf niedrigem Niveau einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten an. Auf ihrer am Sonntag beginnenden Reise in die beiden Länder werde Kanzlerin Angela Merkel von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation begleitet, hieß es am Freitag in Regierungskreisen. Nicht bestätigt wurden in den Kreisen Medienberichte, wonach Lufthansa-Chef Carsten Spohr in der Regierungsmaschine mitfliegt, um in Saudi-Arabien mit Etihad über einen Kauf der Anteile des Großaktionärs bei Air Berlin zu verhandeln.
Regierungssprecher Steffen Seibert machte wie üblich vor einer solchen Reise keine Angaben darüber, welche Wirtschaftsvertreter die Kanzlerin begleiten, die am Sonntag in Dschidda und am Montag in Abu Dhabi erwartet wird. In Regierungskreisen wurde allerdings ausgeschlossen, dass es im Rahmen des Merkel-Besuchs zu Rüstungs-Deals mit einem der beiden Länder kommt. Erwartet wurden zivile Abschlüsse zwischen deutschen Firmen und saudi-arabischen Stellen im "einstelligen Bereich", wie es hieß.
Geldnot bei den Scheichs
In der Tat dürften die Saudis gerade andere Sorgen haben, als große Deals mit deutschen Firmen auszuhandeln. Die einstmals gigantischen Einnahmen aus den Ölexporten sind eingebrochen, die Regierung hat das Reformpaket "Vision 2030" eingeleitet, mit der die Abhängigkeit vom Öl reduziert werden soll. Deutsche Firmen könnten von diesem Reformpaket profitieren, etwa im Bereich der Erneuerbaren Energien, hieß es in Delegationskreisen. Noch sei es dazu aber zu früh.
Vor allem die Rahmenbedingungen für Investitionen sind es, die deutschen Firmen immer noch Probleme bereiten. Merkel werde das ebenso ansprechen wie die "Saudisierung", also den Versuch der saudischen Regierung, ausländischen Firmen über eine Quote einheimische Arbeitskräfte aufs Auge zu drücken.
Die Prognose ist zudem ungewiss. Für 2017 erwartet der IWF in Saudi-Arabien lediglich ein Wachstum von real 0,4 Prozent nach 1,4 Prozent in 2016.
Da geht noch was
Die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland seien "solide, aber nicht glänzend", formulierte es ein hochrangiger deutscher Diplomat. Das Handelsvolumen betrug demnach im vergangenen Jahr rund 8 Milliarden Euro, die deutschen Investitionen in Saudi-Arabien beliefen sich bisher aus 1,2 Milliarden Euro.
Punkten können Merkel und ihre Delegation mit dem Dualen Ausbildungssystem, das im Ausland immer wieder auf großes Interesse stößt. Es geriert aber vor allem viel guten Willen und eher wenig Umsätze.
Während Merkel Saudi-Arabien im Lichte des G20-Gipfels Anfang Juli in Hamburg besucht (das Land ist G20-Mitglied), handelt es sich bei der Visite in Abu Dhabi um einen formellen Gegenbesuch. Die Emirate sind zwar deutlich kleiner als Saudi-Arabien, die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland sind aber deutlich stärker. Auch in den VAE werde das Thema berufliche Bildung sehr ernst genommen, hieß es in Delegationskreisen. Chancen könnten sich für deutsche Firmen im Bereich Erneuerbare Energien ergeben.
Bekenntnis zum Atomabkommen
An politischen Themen stehen bei Merkels Reise der Konflikt Saudi-Arabiens mit dem Jemen, der IS-Terror oder auch der Iran im Hintergrund. Bei letzterem hatten Äußerungen des amerikanischen Außenministers Rex Tillerson für Irritationen gesorgt, der das iranische Atomabkommen kritisiert und als Fehler bezeichnet hatte.
Aus deutschen Regierungskreisen hieß es dazu, das Abkommen sei in dieser Form das Beste, was man habe erreichen können. Deutschland stehe zu dem Abkommen und werde das in Saudi-Arabien - das in Konkurrenz mit dem Iran die Vormachtstellung in der Region beansprucht - auch so vertreten.
Zudem wird es den Angaben zufolge auch die bei solchen Reisen üblichen Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft geben.
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April 28, 2017 09:06 ET (13:06 GMT)
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