AUGSBURG (dpa-AFX) - Führende Medienmanager haben die Zeitungsmacher in Deutschland dazu aufgerufen, konsequenter auf das Digitalgeschäft zu setzen. Es sei erforderlich, weniger in Print zu investieren und mehr davon auszulagern, sagte der Chefredakteur der skandinavischen Schibsted Media Group, Fredric Karén, am Mittwoch beim Newscamp in Augsburg. Zeitungen sollten ihre Newsrooms radikal aufs Digitalgeschäft ausrichten, nicht auf eine Kombination mit Print. Dies setze viel Kreativität frei.
Vor rund 400 Teilnehmern zeigte Karén, wie die schwedische Zeitung "Svenska Dagbladet" ihr Angebot auf die personalisierten Interessen ihrer Leser ausrichtet: Fast jeder fünfte Leser gehöre zur Gruppe der "Wochenend-Müßiggänger", die samstags und sonntags Berichte etwa aus den Bereichen Reisen, Wohnen, Essen und Trinken suchten. Auch die "Geschäftsleser" müssten speziell bedient werden - ebenso die "Nachrichtensüchtigen" und die Gruppe derjenigen, die sich ab und zu auf den aktuellen Stand bringen lassen wollen. Mit Qualitätsjournalismus, Fakten-Checken und Geschichten-Erzählen lasse sich auch im Internet genügend Geld verdienen, meinte Karén.
Der Technologie-Experte Peter Buhr von Axel Springer rief ebenfalls dazu auf, die verschiedenen Nutzerinteressen stärker zu berücksichtigen - statt Printprodukte ins Internet zu übertragen wie beim E-Paper: Dies sei der "Kardinalfehler unserer Branche". Die Verlage müssten möglichst viele Menschen beim Sammeln von Informationen und der öffentlichen Meinungsbildung einbinden.
Buhr erklärte dies so: "Wenn wir den Menschen die Möglichkeit geben, sich einzubringen, wenn wir die Werkzeuge für alle und jedermann entwickeln und bereitstellen, dann werden die Kollegen in den Redaktionen die Schiedsrichter sein, Kuratoren - und die Verlage die großen Betreiber." Dies sei am Ende auch wirtschaftlich erfolgreich: "Den Journalismus intelligent und digital zu demokratisieren, macht uns alle reich."
Wie schnell sich das Nutzungsverhalten geändert hat, machte Martin Koper von der Newsfactory GmbH deutlich, der unter anderem darauf hinwies, dass 14- bis 29-Jährige durchschnittlich 245 Minuten am Tag online sind und in den USA ein durchschnittlicher User 2600-mal am Tag sein Smartphone berührt.
Für alle, die manchmal gerne offline sind, gab es aber auch eine tröstliche Botschaft vom Design-Experten Jeremy Abbett: "Google und andere wollen alles digitalisieren. Aber das wird nicht passieren. Es gibt zu viele geile Sachen, die nicht digital sind."
Das Newscamp widmet sich neuen Techniken, Vertriebswegen und Geschäftsideen. Veranstalter der Konferenz ist die Newsfactory GmbH, eine Tochterfirma der Mediengruppe Pressedruck, zu der unter anderem die "Augsburger Allgemeine", die "Main-Post" und der "Südkurier" gehören./bl/DP/jha
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AXC0218 2017-05-03/16:06