Mainz (ots) - Italienische Staatsanwälte scheinen ein ähnlich zweifelhaftes Amtsverständnis zu haben wie italienische Kapitäne havarierter Kreuzfahrtschiffe. So unsachlich wie dieser Einstiegssatz in den Kommentar ist der Vorstoß des römischen Staatsanwalts Carmelo Zuccaro, der einem Teil der Seenotretter im Mittelmeer vorwirft, auf der Payroll von Flüchtlingsschlepperbanden zu stehen. Die Aufgabe von Staatsanwälten besteht bekanntlich darin, für mögliche Strafvergehen Beweise zu erbringen und nicht mit unbewiesenen Vorwürfen Politik zu machen. Den maximalen Erfolg hat Zuccaro mit seinem Fehlverhalten allerdings schon erreicht. Lega Nord und die Fünf-Sterne-Bewegung von Beppo Grillo haben die Anwürfe längst genutzt, um die Seenotrettungsaktionen der internationalen Hilfsorganisationen in Misskredit zu bringen. Dabei geht es bei der Flüchtlingstragödie im Mittelmeer vorrangig um andere Fragen. Warum lässt die Europäische Gemeinschaft die Mittelmeeranrainer Italien und Griechenland mit der Flüchtlingstragödie weiterhin allein? Wann werden die UN-Hilfsfonds endlich so ausgestattet, dass die Menschen in den Flüchtlingslagern Afrikas besser versorgt werden können? Wie zeitnah lassen sich in Nordafrika Auffangstationen für Flüchtlinge etablieren, in denen EU-Behörden Asylansprüche prüfen? Eine weitere Frage ist gleichwohl legitim: Üben die Rettungseinsätze vor der libyschen Küste nicht doch auch eine anziehende Wirkung aus, zur Flucht durch die - ebenfalls todbringende Sahara - aufzubrechen? Auch wenn diese Frage nur auf ein humanitäres Dilemma verweist, das sich nicht auflösen lässt.
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