Mainz (ots) - Ein 83-Jähriger ist tot, nach einem Zusammenbruch; die Angeklagten im Essener Strafprozess wegen unterlassener Hilfeleistung sagen, sie hätten schon Ärger mit Obdachlosen gehabt und es tue ihnen leid. Letzteres stimmt womöglich, aber vielleicht tun sie sich auch nur selbst leid. Ein Polizist sagt aus: Es war klar, dass der Hilflose kein Obdachloser war. Muss man daraus folgern, es wäre für die Angeklagten strafmildernd gewesen, wenn der Hilflose ein Obdachloser, womöglich mit Körpergeruch, gewesen wäre? Man muss auf viele Zwischentöne achten, aber wenn man das tut, versteht man, wie das alles so ist im Leben heutzutage. Der Essener Richter wirft den Angeklagten eine "Scheißegal-Haltung" vor. Völlig zu Recht. Die Staatsanwältin will ein Zeichen, dass "wir uns nicht in Richtung einer wegsehenden Gesellschaft bewegen". Wie recht sie hat, aber: zu spät, Frau Staatsanwältin. Wir sind mittendrin. Glücklicherweise nicht immer und überall, es gibt immer wieder ermutigende Beispiele für Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft. Aber alles in allem sieht es düster aus. Und das schon in einer Situation, in der Helfern ersichtlich fast nichts passieren kann. Wie erst, wenn U-Bahn-Schläger mal wieder Angst und Schrecken verbreiten? Niemand muss ein Held sein und sich selbst gefährden, aber Handy 110 ist nie verkehrt. Über einen Hilflosen steigen, um an Geldautomaten zu kommen, wie im Essener Fall: ein Menetekel? "Über Leichen gehen" auf dem Weg zum Geld? Gegen Brutalisierung in allen Nuancen gibt es zwei Mittel: Erziehung und Strafen. Beides ist unerlässlich.
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