Aachen (ots) - Wer mit kühlem Kopf die aktuelle Situation unseres Landes betrachtet, wird trotz aller angeborenen deutschen Skepsis attestieren müssen, dass es uns einigermaßen ordentlich geht - erst recht im Vergleich mit anderen Nationen in Europa und der Welt. Wer mit nachdenklichem Kopf die aktuelle Situation analysiert, muss feststellen, dass auf dieser Basis wie in jedem Haus, in dem über Jahre wichtige Reparaturen versäumt worden sind, erhebliche Investitionen und Veränderungen nötig sind. Wer mit aufgewecktem Kopf die laue Betriebstemperatur des Wahlkampfs und die Langeweile der Parteienwerbung anschaut, wundert sich, weil viele Chancen auf den Plätzen der Städte und in den schön dekorierten Fernsehstudios nicht genutzt wurden. Die regierende CDU deklariert Slogans wie "Sicherheit und Ordnung", "Maß und Mitte", "Besonnenheit und Vernunft". Man kann angesichts solcher Tiefenschärfe an die Auferstehung von Konrad Adenauer und Ludwig Erhard glauben: So weit entfernt von den Herausforderungen unserer Zeit sind diese einschläfernden Beruhigungspillen. Die CSU toppt das noch mit der Obergrenze, von der man nach Seehofers Hin und Her nicht weiß, ob sie nun verbindlich für Koalitionsverhandlungen sein soll oder vorsichtshalber lieber doch nicht. Aufbruch? Veränderung? Zukunft? Hier bleibt leider nur die Fehlanzeige eines ideenarmen "Weiter so!". Die SPD hat seit der 100-Prozent-Krönung ihres Kanzlerkandidaten ein Thema nach dem anderen auf den Markt geworfen. Gezündet hat das unter dem Titel "Gerechtigkeit" nicht. Martin Schulz hätte tatsächlich die exzellente Gelegenheit gehabt, den Begriff der neuen sozialen Frage völlig neu zu definieren:
- mit einem modernen sozialdemokratischen Konzept zur Digitalisierung und den damit verbundenen revolutionären Veränderungen des Arbeits- und Privatlebens der meisten Deutschen, vor allem der jungen; - als Maßnahme, gerade hier Angst abzubauen, die von politischen Vereinfachern für ihre Zwecke genutzt wird; - als neue Sozialabgabenstruktur, die den Mittelstand wirklich entlastet und nicht nur Excel-Tabellen mit Zahlen zur Steuer-Progression zu bieten hat; - als konkretes Angebot für die Vermeidung von Altersarmut (in Rente und Pflege) mit einer besseren Idee als der Riester-Rente; - mit einem Plan für ein hochmodernes Verkehrskonzept, das das nötige Nebeneinander von Verbrennungsmotoren und Elektroautos und Schienenverkehr ebenso berücksichtigt wie die dafür erforderliche Infrastruktur, die von der Reparatur maroder Brücken bis zu Ladestationen reicht. Und am besten hätte er eine Persönlichkeit genannt, die - als Gegenentwurf zum Maut-Minister Dobrindt - ein Ministerium für Digitalisierung und Mobilität zu einem Kernressort gestalten könnte und müsste.
Ein Strategie-Fehler Der stark auf Emotionalität gestylte Wahlkampf zwischen Gerechtigkeit und Würselener Bodenständigkeit hat den Ton, der zu einem Aha-Erlebnis geführt hätte, kaum getroffen. Dabei ist Schulz ein kritischer Analytiker, ein schnell begreifender und Themen aufgreifender Mensch, eine international erfahrene und bestens vernetzte Persönlichkeit. Die SPD-Zentrale hat ihn in ihrer Behäbigkeit nicht schalten und walten lassen. Das war ein eklatanter Strategie-Fehler. Ob und wie negativ sich das letztlich auf das Wahlergebnis auswirkt, werden wir morgen sehen. Viel hängt auch davon ab, wie die kleinen Parteien abschneiden. Schlimmes steht unterdessen bereits fest: Mit der AfD zieht eine eindeutig rechtsradikale Formation in den Bundestag. Noch schlimmer wäre es, wenn diese Partei mit rassistischen, ausgrenzenden, persönlich beleidigenden und hemmungslosen Aussagen ein deutlich zweistelliges Ergebnis erzielte. Wer die große Koalition aus guten Gründen nun nicht mehr will, der wird wahrscheinlich als einzige Alternative eine bunte Jamaika-Combo zusammenstellen müssen. Das führte gewiss zu mehr Debatte, zu mehr Widerspruch. Wäre das ein Nachteil für die politische Streitkultur unseres Landes und die Lebendigkeit einer Regierung?
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- mit einem modernen sozialdemokratischen Konzept zur Digitalisierung und den damit verbundenen revolutionären Veränderungen des Arbeits- und Privatlebens der meisten Deutschen, vor allem der jungen; - als Maßnahme, gerade hier Angst abzubauen, die von politischen Vereinfachern für ihre Zwecke genutzt wird; - als neue Sozialabgabenstruktur, die den Mittelstand wirklich entlastet und nicht nur Excel-Tabellen mit Zahlen zur Steuer-Progression zu bieten hat; - als konkretes Angebot für die Vermeidung von Altersarmut (in Rente und Pflege) mit einer besseren Idee als der Riester-Rente; - mit einem Plan für ein hochmodernes Verkehrskonzept, das das nötige Nebeneinander von Verbrennungsmotoren und Elektroautos und Schienenverkehr ebenso berücksichtigt wie die dafür erforderliche Infrastruktur, die von der Reparatur maroder Brücken bis zu Ladestationen reicht. Und am besten hätte er eine Persönlichkeit genannt, die - als Gegenentwurf zum Maut-Minister Dobrindt - ein Ministerium für Digitalisierung und Mobilität zu einem Kernressort gestalten könnte und müsste.
Ein Strategie-Fehler Der stark auf Emotionalität gestylte Wahlkampf zwischen Gerechtigkeit und Würselener Bodenständigkeit hat den Ton, der zu einem Aha-Erlebnis geführt hätte, kaum getroffen. Dabei ist Schulz ein kritischer Analytiker, ein schnell begreifender und Themen aufgreifender Mensch, eine international erfahrene und bestens vernetzte Persönlichkeit. Die SPD-Zentrale hat ihn in ihrer Behäbigkeit nicht schalten und walten lassen. Das war ein eklatanter Strategie-Fehler. Ob und wie negativ sich das letztlich auf das Wahlergebnis auswirkt, werden wir morgen sehen. Viel hängt auch davon ab, wie die kleinen Parteien abschneiden. Schlimmes steht unterdessen bereits fest: Mit der AfD zieht eine eindeutig rechtsradikale Formation in den Bundestag. Noch schlimmer wäre es, wenn diese Partei mit rassistischen, ausgrenzenden, persönlich beleidigenden und hemmungslosen Aussagen ein deutlich zweistelliges Ergebnis erzielte. Wer die große Koalition aus guten Gründen nun nicht mehr will, der wird wahrscheinlich als einzige Alternative eine bunte Jamaika-Combo zusammenstellen müssen. Das führte gewiss zu mehr Debatte, zu mehr Widerspruch. Wäre das ein Nachteil für die politische Streitkultur unseres Landes und die Lebendigkeit einer Regierung?
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