Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Eine von Teilen der Jamaika-Parteien geforderte Abschaffung der Abgeltungsteuer würde nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) unter den gegenwärtigen Gegebenheiten zu Steuerausfällen führen und hohe Einkommen kaum belasten.
"Eine Abschaffung der pauschalen Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte in Höhe von 25 Prozent ist weder aus fiskalischer noch aus verteilungspolitischer Sicht sinnvoll, solange die Zinsen so niedrig sind", befanden die Berliner Ökonomen. Würde man Kapitaleinkünfte wieder in den Einkommensteuertarif integrieren, wären bei vollem Werbungskostenabzug und einem Besteuerungsanteil von 60 Prozent bei Dividenden und Veräußerungsgewinnen mit Teileinkünfteverfahren sogar leichte Steuerausfälle von 73 Millionen Euro zu erwarten.
"Auch für die Steuergerechtigkeit bringt eine Abschaffung der Abgeltungsteuer derzeit wenig, sofern man darunter eine stärkere Besteuerung von hohen Kapitaleinkommen versteht", sagte DIW-Steuerexperte Stefan Bach. Hohe Einkommen würden durch die Abschaffung der Abgeltungsteuer kaum belastet, mittlere und niedrige Einkommen bei den Dividenden sogar geringfügig entlastet. Darüber hinaus stiege der bürokratische Aufwand.
Mit der Abgeltungssteuer werden Kapitalgewinne in Deutschland seit 2009 pauschal mit 25 Prozent besteuert und automatisch bei der kontoführenden Bank eingezogen. Dies betrifft Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne. Sie war vom damaligen Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) eingeführt worden, um Kapitalflucht ins Ausland zu stoppen.
Vor allem die Grünen sprechen sich aber nun dafür aus, Vermögenserträge künftig wieder mit dem persönlichen Steuersatz zu belasten, der je nach Einkommen bis zu 45 Prozent beträgt. Auch die Union hat sich dafür offen gezeigt, weil mit dem nun angelaufenen automatischen Informationsaustausch über Kontodaten die ursprüngliche Motivation für die Pauschalsteuer wegfällt. Steinbrück hatte sie damals mit dem Argument eingeführt: "Besser 25 Prozent von X, als 42 Prozent von nix."
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November 08, 2017 10:35 ET (15:35 GMT)
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