Von Christian Grimm
BERLIN (Dow Jones)--Die Jamaika-Verhandler von Union, Grünen und FDP stehen vor einem weiteren Gesprächsmarathon. Die Parteien liegen am letzten Sondierungstag über ein Regierungsbündnis in zentralen Punkten noch weit auseinander. Die eigentlich für 18 Uhr angepeilte Einigung ist nach den Worten von CSU-Chef Horst Seehofer nicht zu halten. "Ich glaube, wir brauchen mehr Zeit als bis 18 Uhr", sagte Seehofer bei seinem Eintreffen in der Landesvertretung Baden-Württembergs, wo die Gespräche stattfinden.
Eine nochmalige Verlängerung um mehrere Tage werde es aber nicht geben. "Wir haben jetzt ausreichend diskutiert. Jetzt müssen wir entscheiden", sagte er. Auch die Grünen drängen die anderen Parteien zum Abschluss. "Es ist an der Zeit, dass wir Entscheidungen treffen", sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. "Ich gehe davon aus, dass sie heute fallen."
Der bayerische Ministerpräsident betonte vor dem Auftakt des Finales noch einmal den Willen zur Einigung, dämpfte aber zu große Zuversicht. "Seriös kann das niemand sagen", meinte er auf die Frage, ob eine Jamaika-Koalition kommen werde.
Strittig sind nach wie vor die Themen Zuwanderung, Rüstungsexporte, der Abbau des Solidaritätszuschlags bis 2021, der Kohleausstieg und die Zukunft des Autos. "Wir haben uns an vielen Stellen bewegt, sind bis an die Schmerzgrenze gegangen", sagte Grünen-Verhandler Jürgen Trittin der Bild am Sonntag mit Blick auf die Flüchtlingsfrage. Das betreffe bei der Migration sowohl das Verfahren, aber auch Fristen und die Nennung von Zahlen.
Die Ökopartei hatte am Samstag einen Schritt auf die CSU zugemacht. Demnach soll die Zahl 200.000 Flüchtlinge pro Jahr als Limit gelten. Die Grünen betonen, dass diese Zahl seit der Wiedervereinigung nur in 5 Jahren überschritten worden sei. Im Gegenzug verlangen sie, dass der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz nicht grundsätzlich aufgehoben werden wird, wie es die Christsozialen bisher verlangen.
Für Wirbel hatte indes eine Meldung der Süddeutschen Zeitung gesorgt, wonach FDP-Chef Christian Lindner die CSU rechts überholte und das Kompromissangebot der Grünen abschmetterte.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ging bei ihrem Eintreffen kommentarlos an den wartenden Reportern vorbei. Begleitet wurde sie von den Pfiffen demonstrierender Bergleute, die sich durch einen Kohleausstieg "nicht ausradieren" lassen wollen.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/chg/kla
(END) Dow Jones Newswires
November 19, 2017 06:29 ET (11:29 GMT)
Copyright (c) 2017 Dow Jones & Company, Inc.