Aachen (ots) - Man darf durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass man nicht zueinander passt, dass man keine Einigung erreicht, dass man sich überhaupt nicht leiden kann. Das ist das gute Recht der FDP. Aber warum geht sie vor die Tür und erklärt das Ende der Sondierungen statt zuerst ihren bisherigen Gesprächspartnern lieber der Öffentlichkeit einseitig vor Fernsehkameras? Das hat mit Haltung, Respekt und Stil nicht viel zu tun, nur mit Inszenierung. Die Performance-Spezialisten Lindner und Kubicki sind offenbar noch immer oder schon wieder im Wahlkampf-Modus. Schon eine Minute nach Schließung der Wahllokale verkündete die geschockte SPD unter großem Beifall im Willy-Brandt-Haus den Ausstieg aus der großen Koalition. Das ist nach dem einstimmigen Nein von gestern ganz offensichtlich die unwiderrufliche Verweigerung. SPD und FDP haben sich damit endgültig vom Acker gemacht und setzen spekulativ auf Neuwahlen. Einzige Alternative ist jetzt nur noch eine Minderheitsregierung. Das wäre dann eher eine schwarz-grüne Koalition, keine schwarz-gelbe. Die Argumentation der SPD klingt zuweilen seltsam. War es nicht der Kanzlerkandidat der SPD, der immer wieder und über Wochen auf den Marktplätzen dieser Republik laut und selbstbewusst verkündete, er wolle für mehr Gerechtigkeit sorgen und deshalb Verantwortung für dieses Land übernehmen? Galt das nur für den Posten im Kanzleramt? Im Wahlkampf sprach Martin Schulz immer wieder von der "sozialdemokratisch geprägten" Bundesregierung. Noch gestern lobte er die geschäftsführenden SPD-Bundesminister, die seiner Meinung nach den Regierungsladen überhaupt noch zusammenhalten. Also ist die Sache - eigentlich - klar: Die Schnittmengen mit der Union sind offenbar nach wie vor vorhanden. Sonst könnte man als SPD-Chef so doch gar nicht reden und zudem die eigenen Minister unverdrossen im Kabinett lassen, während man im Bundestag längst im Oppositionsmodus agiert. Stets folgt der Hinweis auf die exzellente sozialdemokratische Arbeit, von der jedoch in der "GroKo" nur Angela Merkel profitiere. Wie bitte? Die Union hat sogar acht, die SPD "nur" fünf Prozent verloren. Die große Koalition sei abgewählt, heißt es dann. Falsch! Sie hat im Bundestag nach wie vor eine Mehrheit. Das Jamaika-Desaster ist natürlich auch ein Ergebnis der Sondierungs-Atmosphäre mit zu vielen Leuten, die viel zu lange verhandelten, zu häufig Interviews gaben, statt Diskretion zu wahren, die sich kindisch angingen wie auf dem Schulhof, die ihre Eitelkeiten pflegten und ihre ideologische Unbeweglichkeit vollmundig als Kompromiss und großes Entgegenkommen etikettierten. Die Bundeskanzlerin hat dabei keine gute Figur gemacht. Ihre übliche Regierungskunst des Abwartens und des Moderierens reicht in der drastisch veränderten Parteienlandschaft nicht mehr. Sie hätte gestalten, fordern, führen und notfalls aus ihrer Position heraus die Sondierungen beenden müssen. Dann wäre sie gestärkt in eine Neuwahl gegangen. Letztlich ist das Scheitern die späte Quittung für ein miserables Wahlergebnis, und auf der Quittung steht groß: "Weiter so" reicht nicht.
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