Mainz (ots) - Erste Reaktion: Danke, liebe FDP. Der Ausstieg aus Jamaika wird zu einer Sonderkonjunktur für Politikverdrossenheit und damit für Radikale von rechts und von links führen. Zweite Reaktion: Ja, das ist so. Aber: Lieber trotzdem sich erst gar keinen Illusionen hingeben. Jamaika wäre so oder so geplatzt. Das Gewürge namens Sondierung hat es gezeigt. Dieses Land braucht mehr als eine Zufallsgemeinschaft streitlustiger Profilneurotiker. So gesehen muss man den Liberalen immer noch nicht dankbar sein. Der Ausstieg geschah keineswegs aus Sorge ums Vaterland, sondern war eine kalt kalkulierte Geste. Allerdings hat sie wohl Schlimmeres verhindert. Ist der sprichwörtliche Vorhang also jetzt zu? Nein. Es gibt ein Wahlergebnis, und mit diesem ist ohne Wenn und Aber umzugehen. Der Ball liegt bei der SPD. Noch eine Große Koalition, die in Wahrheit eine Koalition der Verlierer wäre? Niemand könnte es den Sozialdemokraten verdenken, wenn sie sich dieser verweigern würden. Bei einer Minderheitsregierung sähe dies jedoch anders aus. Bis zu einer von der SPD unterstützten Kanzlerwahl reicht die staatsbürgerliche Verantwortung durchaus. Danach gäbe es mit Sicherheit Themen, die die SPD fallweise vor sich und ihren Wählern vertreten könnte. Eine Minderheitsregierung wäre per se kein Drama, in anderen Staaten kennt man dies schon. Nicht nur wegen der größeren Nähe zur SPD wäre Schwarz-Grün zunächst wahrscheinlicher als Schwarz-Gelb: Angela Merkel wäre mit dem Klammersack gepudert, wenn sie den nächtlichen Stich ins Herz der Union, die von allen Parteien am meisten zu verlieren hat, sofort mit Regierungsbeteiligung belohnte. Aber: Was kann Merkel überhaupt noch entscheiden? Die Lage ist einigermaßen aussichtslos: Christian Lindner hat den Dolch noch im Gewande, Schwarz-Grün ist aber für gepeinigte Konservative eine Zumutung. Und sollte die SPD doch über alle möglichen Schatten in Richtung GroKo springen, wäre sie in einer guten Position, Merkel entweder zu neutralisieren oder sogar wegzuverhandeln. Lediglich der Umstand, dass auch Martin Schulz keine starke Galionsfigur ist, schützt die Kanzlerin noch eine Weile. Somit sieht alles danach aus, dass - wenn nicht der absolute Totalschaden einer Neuwahl in Kauf genommen wird - wir es mit einer Übergangsregierung zu tun bekommen werden, die dem kompletten demokratischen Parteienspektrum Luft für eine längst überfällige, nicht nur von einer vermeintlichen Alternative erzwungene neue Selbstverortung verschafft. Und Merkel Zeit für einen ebenso überfälligen wie hoffentlich anständigen Abgang.
OTS: Allgemeine Zeitung Mainz newsroom: http://www.presseportal.de/nr/65597 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_65597.rss2
Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz Danielle Schwarz Newsmanagerin Telefon: 06131/485980 online@vrm.de
OTS: Allgemeine Zeitung Mainz newsroom: http://www.presseportal.de/nr/65597 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_65597.rss2
Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz Danielle Schwarz Newsmanagerin Telefon: 06131/485980 online@vrm.de