Von Christian Grimm
BERLIN (Dow Jones)--SPD-Chef Martin Schulz hat versucht, die Delegierten des Sonderparteitages mit den Erfolgen aus den Sondierungsgesprächen und dem Kampf gegen rechts für eine Neuauflage der großen Koalition zu gewinnen. "Es geht in diesen Tagen um viel", begann Schulz seine einstündige Rede in Bonn. Deutschland befinde sich in einer historischen Situation, die es so in der Geschichte noch nicht gegeben habe.
Der schwer unter Druck stehende Vorsitzende stellte in seiner engagierten Ansprache das in den Sondierungen mit CDU und CSU Erreichte in den Vordergrund. Dazu zählte er vor allem die kostenlose Bildung vom Kindergarten bis zur Uni oder dem Meisterbrief. "Die größte Bildungsoffensive in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland - das ist ein Leuchtturm, auf den wir stolz sein können", rief Schulz den 600 Genossen zu.
Der 62-Jährige erinnerte an die Verantwortung der SPD für Europa. Ohne den Eintritt in ein neuerliches schwarz-rotes Bündnis mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werde der Aufbruch für eine Erneuerung der Europäischen Union nicht gelingen. "Wir können einen wahren Unterschied für Europa erreichen, wenn wir das wollen", sagte der frühere Präsident des EU-Parlaments. In ganz Europa werde heute nach Bonn geschaut. "Die Zeit drängt", mahnte er.
Die Herzen der versammelten Mitglieder wollte Schulz auch mit seiner Warnung vor einer "rechten Welle" in Europa gewinnen. "Wir sind das Bollwerk gegen rechts", betonte er und erntete dafür den stärksten Beifall von den Delegierten, die sich ansonsten spürbar mit Applaus zurückgehalten.
Schulz wandte sich an die internen Gegner einer großen Koalition und verband sie implizit mit einer Drohung, dass er bei einer Abstimmungsniederlage zurücktreten werde. "Das ist nicht meine Haltung. Das ist nicht mein Weg. Dafür bin ich nicht in die Politik gegangen", sagte er.
Der schwer angeschlagene Parteivorsitzende hatte nach dem Wahldesaster Ende September steif und fest verkündet, die SPD werde in die Opposition gehen. Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen und Druck aus der Bundestagsfraktion und von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vollzog er eine 180-Grad-Wende und will jetzt eine Regierung mit Angela Merkel bilden.
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January 21, 2018 07:24 ET (12:24 GMT)
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