Von Christian Grimm
BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will das drängende Problem der Luftverschmutzung in deutschen Städten zunächst ohne weitreichende Nachrüstungen an Dieselautos in den Griff bekommen. Nachrüstungen an der Hardware von Millionen Dieseln seien "auf keinen Fall eine schnelle Lösung", sagte die Kanzlerin nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer in Berlin.
Die EU-Kommission hatte Deutschland am Dienstag wegen der jahrelangen Überschreitung von Grenzwerten bei giftigen Stickoxiden eine letzte Frist eingeräumt. Laut Merkel muss die Bundesregierung bis Freitag nächster Woche nach Brüssel melden, welche zusätzlichen Schritte hierzulande unternommen werden sollen. Überzeugen diese nicht, will die Kommission Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Deutschland einreichen. Die Richter könnten dann Fahrverbote für die Selbstzünder verhängen. "Das Thema duldet keinen Aufschub", betonte die CDU-Vorsitzende. Sie räumte ein, dass der erzielte Fortschritt bei der Luftqualität bislang zu langsam erfolgt ist.
Um die EU milde zu stimmen, setzen Merkel und die Länder nun darauf, in den 20 am stärksten belasteten Städten umgehende Gegenmaßnahmen einzuleiten, zum Beispiel rasch mehr Elektro-Autos anzuschaffen oder die kommunale Busflotte nachzurüsten, damit weniger Stickoxide aus den Auspuffen kommen.
Die Umweltministerin hält die teure Nachrüstung für nötig
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hält hingegen den Einbau von zusätzlichen Harnstoff-Katalysatoren für notwendig, um die Grenzwerte endlich einzuhalten. Pro Wagen fielen dafür rund 1.500 Euro an und würde die Autohersteller daher mit Milliarden belasten, die sie nicht zahlen wollen. Ein von der Regierung bestellter Gutachter hält es dennoch für machbar und effektiv, diese Katalysatoren nachträglich einzubauen.
Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zeigte sich nach den Beratungen mit der Kanzlerin ebenfalls reserviert, was die Hardware-Nachrüstungen betrifft. Bei CDU, CSU und SPD gebe es sehr differenzierte Sichtweisen über deren Sinn, sagte die CDU-Politikerin.
Im vergangenen Jahr ist die Luft in den deutschen Städten besser geworden. Wie das Umweltbundesamt (UBA) am Morgen mitgeteilt hatte, wurden noch in 70 Städten die Grenzwerte für Stickoxide überschritten. Das sind 20 weniger als 2016.
"Die Entwicklung geht in die richtige Richtung", sagte UBA-Chefin Maria Krautzberger. Dennoch reichen die Fortschritte aus ihrer Sicht nicht aus. "Viele Einwohner sind also weiter zu viel gesundheitsschädlichem Stickstoffdioxid ausgesetzt", erklärte sie weiter. Genau wie Hendricks spricht auch sie sich für den Einbau der zusätzlichen Harnstoff-Katalysatoren in der bestehenden Dieselflotte aus.
Nach wie vor am schlechtesten ist die Luft in München und Stuttgart, wo die Grenzwerte immer noch um beinahe das Doppelte überschritten werden. Auf dem nächsten Rang folgt Köln.
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February 01, 2018 12:26 ET (17:26 GMT)
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