Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei der Sitzung der Unions-Fraktion nach Angaben eines Teilnehmers Kritik von Abgeordneten wegen der Abgabe des Finanzministeriums an die SPD einstecken müssen. Merkel konterte demnach, sie wisse, dass der Verzicht auf das Bundesfinanzministerium "einige Sorgen" bereite. Die Kanzlerin habe aber betont, dass der Bundestag in Europafragen große Kontrollrechte habe, was etwaige finanzielle Verpflichtungen angehe, sagte die Person, die an der Sitzung teilgenommen hatte.
Mehrere Abgeordnete äußerten laut diesen Angaben in der Sitzung die Sorge, dass mit der SPD im Finanzministerium der Stabilitätskurs verlassen werden könnte. Der parlamentarischen Kontrolle komme nun noch größere Bedeutung zu, erklärte ein Parlamentarier demnach. Merkel betonte laut den Angaben zudem, bei dem großen Diskussionspunkt Bürgerversicherung sei die Union "gut" aus den Verhandlungen herausgekommen.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) habe unter Beifall betont, die Regelung zur sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen sei "eine vernünftige Lösung", die im Sinne der Union sei. In den Koalitionsverhandlungen ging es laut dem Teilnehmer "die letzten 14 Stunden" aber gar nicht mehr um diese umstrittenen Sachthemen, sondern um die Ressorts. Die SPD sei lange Zeit auch bereit gewesen, "das Ganze noch scheitern zu lassen", wenn ihre Forderungen nicht erfüllt würden.
Vor der Sitzung hatte bereits der CSU-Mittelstandspolitiker Hans Michelbach in Statements zu Journalisten erklärt, die SPD habe eine erneute große Koalition mit CDU und CSU an eine Übernahme des Finanzressorts geknüpft. "Die SPD hat diese Ressortabdeckung zur Bedingung für eine Koalition gemacht", sagte Michelbach. "Das Finanzministerium als Schlüsselministerium abzugeben, ist alles andere als zufriedenstellend", betonte er.
Auch der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union (MIT), Carsten Linnemann, zeigte sich unzufrieden mit der Verteilung der Ministerien. "Die Verteilung der Ressorts lässt jede Ausgewogenheit vermissen", sagte Linnemann dem Westfalen-Blatt. "Dieses deutliche Ungleichgewicht zulasten der Union und zugunsten der SPD ist bitter und wird lange in den Kleidern bleiben", erklärte der CDU-Politiker.
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February 07, 2018 13:29 ET (18:29 GMT)
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