Von Christian Grimm
LEIPZIG(Dow Jones)--Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat sich nach der mündlichen Verhandlung zuversichtlich gezeigt, dass das Bundesverwaltungsgericht am kommenden Dienstag Diesel-Fahrverbote anordnen wird. Er sei optimistisch, sagte DUH-Chef Jürgen Resch nach vierstündiger Erörterung im Leipziger Gerichtssaal, weil das Gericht wesentliche Punkte aufgenommen haben.
Die europaweit gültigen Grenzwerte "sind unverhandelbar. Die müssen relativ schnell kommen", betonte er. Auch die lange europarechtliche Würdigung durch den Vorsitzenden Richter Andreas Korbmacher stimmte Resch zuversichtlich, dass die von ihm geforderten Fahrverbote für Selbstzünder in Städten mit schlechter Luft kommen werden. Die Richter können einen Diesel-Bann nicht eigenmächtig verfügen, wohl aber die Länder zwingen, in den Luftreinhalteplänen der Kommunen dieses Instrument aufzunehmen.
Resch verlangt umfassende Nachrüstungen
Resch forderte die Autoindustrie auf, den Prozess als Weckruf zu begreifen und ältere Diesel mit den Abgasnormen Euro 5 und Euro 4 umfassend mit Harnstoff-Katalysatoren nachzurüsten. "Diese Kosten muss die Autoindustrie tragen", verlangte der DUH-Chef. Der ADAC bezifferte die Kosten nach Testversuchen auf 1.500 bis 3.000 Euro pro Wagen. Betroffen wären Millionen Pkw.
Die höchsten deutschen Verwaltungsrichter hatten sich zuvor vertagt und wollen nun am kommenden Dienstag das Urteil verkünden. Neben der europarechtlichen Dimension stellte Korbmacher aber auch auf die Verhältnismäßigkeit eines Dieselbanns ab, der einen schweren Eingriff in die Rechte der Autobesitzer bedeuten würde.
So deutete er als eine denkbare Möglichkeit an, dass zunächst die älteren Modelle mit der Abgasnorm Euro 4, die vor September 2009 zugelassen wurden, ausgesperrt werden könnten. Bessere sich die Luft nicht, könnten die Wagen mit der Norm Euro 5 hinzugezogen werden. Je älter ein Auto ist, so die Überlegung dahinter, desto geringer ist der Restwert und desto kleiner der Eingriff in die Rechte der Besitzer.
Länder sehen Schlacht als noch nicht verloren an
Die beiden Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, die in Revision gegangen waren, sahen sich nach der Verhandlung nicht auf verlorenem Posten. "Wir haben einen Senat erlebt, der von der Komplexität der Verhandlung ein wenig überrascht war", sagte der Anwalt Baden-Württembergs, Wolfram Sandner. Die Verschiebung der Entscheidung "zeigt, dass ausreichend Problembewusstsein vorhanden ist".
Sandner und die Rechtsvertreter Nordrhein-Westfalens argumentierten, dass Dieselfahrverbote ein gewaltiger Eingriff in die Rechte der Autofahrer seien. Eine Lösung könnte aus ihrer Sicht in Übergangsfristen liegen, bis die europäischen Grenzwerte eingehalten werden müssen. Außerdem könne ein Verbot nur schwer kontrolliert werden, weil der Polizei das Personal fehle. Zunächst müsse auf Bundesebene eine blaue Plakette eingeführt werden, die saubere Diesel klar kennzeichne.
Die Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf waren der Meinung, dass Fahrverbote in beiden Städten bereits möglich wären. Das Stuttgarter Gericht hatte Fahrverbote für Dieselautos dabei als "effektivste" Maßnahme bewertet. Das Düsseldorfer Gericht urteilte, Diesel-Fahrverbote müssten "ernstlich geprüft" werden. Dagegen hatten sich die Bundesländer gewehrt und waren nach Leipzig gezogen.
Kommunen, Länder und Bundesregierung wollen Fahrverbote mit aller Macht verhindern. Mit Softwareupdates an der Motorensteuerung von fünf Millionen Dieselautos und einem Sofortprogramm soll die Luft in den betroffenen Städten reiner werden. Mit dem Geld aus dem Programm, das Bund und Autokonzerne bereitstellen, können die Bürgermeister zum Beispiel Busse nachrüsten und Elektro-Autos anschaffen.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/chg/sha
(END) Dow Jones Newswires
February 22, 2018 10:45 ET (15:45 GMT)
Copyright (c) 2018 Dow Jones & Company, Inc.