Von Florian Faust
NEW YORK (Dow Jones)--Der immer konkreter werdende Handelskrieg belastet am Mittwoch die Wall Street. Haben Anleger in den vergangenen Tagen noch gehofft, US-Präsident Donald Trump werde seine Drohungen mit Strafzöllen nicht wirklich umsetzen, realisieren sie nun, dass alles möglich ist. Denn mit dem überraschenden Rücktritt von Gary Cohn, dem obersten Wirtschaftsberater im Weißen Haus, sind die von Trump geplanten Strafzölle deutlich realer geworden. Cohn ist ein erklärter Gegner des protektionistischen Trump-Kurses und hat nun offenbar die Konsequenzen gezogen, weil er bei Trump kein Gehör gefunden hat. Der Dow-Jones-Index verliert gegen Mittag US-Ostküstenzeit 1,3 Prozent auf 24.550 Punkte, S&P-500 und Nasdaq-Composite büßen 1,0 bzw. 0,7 Prozent ein.
"Vieles wird jetzt davon abhängen, wer Cohn ersetzt. Wenn es sich bei seinem Nachfolger um jemanden handelt, der wie Cohn für den Freihandel steht, dann sollte das ein marktfreundliches Ergebnis sein. Handelt es sich jedoch um einen Handelsfalken, dürfte die Panik unter den Marktteilnehmern zunehmen", urteilt Analyst Fawad Razaqzada von Forex.com. Investoren schwanken zwischen Hoffen und Bangen. Die Hoffnung, die Drohungen von Trump könnten sich letztlich als leere Worthülsen erweisen, lebt weiter am Markt und verhindert deutlichere Abschläge. Rückenwind erhalten die Skeptiker allerdings vom steigenden Handelsbilanzdefizit der USA. Dieses ist im Januar den fünften Monat in Folge gestiegen und hat den höchsten Wert seit über neun Jahren erreicht.
US-Arbeitsmarkt brummt
US-Präsident Trump hat derweil die Europäische Union erneut scharf kritisiert und mit Zöllen auf Automobilimporte von 25 Prozent gedroht. Die EU sei zu den USA "besonders hart", sagte er bei einem Treffen mit dem schwedischen Regierungschef Stefan Löfven.
Immerhin sendet der US-Arbeitsmarkt erneut ein Signal der Stärke aus, das aber angesichts der Sorgen über die Handelspolitik etwas in den Hintergrund tritt. Die US-Unternehmen haben im Februar ihren Personalbestand stärker aufgestockt als erwartet, wie aus den Daten des privaten Arbeitsmarktdienstleisters Automatic Data Processing (ADP) hervorgeht. "Der US-Arbeitsmarkt brummt und läuft Gefahr, zu überhitzen", sagt Chefökonom Mark Zandi von Moody's Analytics. "Mit erhöhten Staatsausgaben und Steuersenkungen wird das Jobwachstum noch zunehmen."
Die Produktivität in den USA hat im vierten Quartal 2017 nach revidierter Rechnung und auf das Jahr hochgerechnet gegenüber dem Vorquartal stagniert. Volkswirte hatten einen leichten Rückgang erwartet. Wichtiger dürften allerdings die steigenden Lohnstückkosten sein, die deutlicher als vorausgesagt anzogen und damit die Debatte um eine steigende Inflation befeuern dürften. Am Abend steht noch der Konjunkturbericht "Beige Book" der US-Notenbank zur Veröffentlichung an.
Dollar erholt sich
Am Devisenmarkt neigt der Dollar weiterhin zur Schwäche. Der vermeintlich sichere Yen-Hafen ist gesucht, allerdings lässt die Dynamik hier schon wieder nach. Der ICE-Dollarindex gibt um 0,1 Prozent nach, aber auch hier befindet sich der Indexstand klar über seinem Tagestief. Zwar belastet der Cohn-Rücktritt den Greenback, doch spricht eine protektionistische Politik eher für den Dollar. Die politischen Dissonanzen in Washington und die zunehmende Unberechenbarkeit der US-Administration machten es dem Dollar zwar nicht leicht, bei der Commerzbank halte man an der Sicht eines steigenden Dollar aber dennoch fest, so Analystin Antje Praefcke. Denn wenn Trump letztlich seinen Kopf durchsetze, sprächen US-Importzölle für eine Dollar-Aufwertung. Der Euro kommt nach seinem Sprung bis auf 1,2446 Dollar auf nun rund 1,24 Dollar wieder zurück und wird damit knapp unter dem Kurs des Vorabends gehandelt.
US-Rentenpapiere zeigen sich in den zunehmend politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten mit Aufschlägen. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen fällt um 2 Basispunkte auf 2,87 Prozent. Der Präsident der US-Notenbankfiliale in Atlanta, Raphael Bostic, spricht angesichts der Zolldebatte von einer steigenden Unsicherheit über die Konjunktur.
Der Goldpreis kann dagegen seine zwischenzeitlichen Aufschläge nicht behaupten. Der Preis für die Feinunze gibt um 1,1 Prozent auf 1.324 Dollar nach. Am Vortag war der Preis für das Edelmetall noch auf den höchsten Stand seit gut zwei Wochen gestiegen.
Auch Erdöl wird derweil billiger, nachdem die Regierung einen Lageraufbau in der Vorwoche gemeldet hat. Dieser bewegt sich aber im Rahmen der Erwartungen. Allerdings war bei den bereits am Vortag veröffentlichten Daten des privaten American Petroleum Institute (API) der Lageraufbau sehr viel deutlicher ausgefallen. Händler sprechen auch von einer leichten technischen Korrektur am Ölmarkt, nachdem die Preise jüngst zugelegt hatten. Zudem gilt Rohöl ist risikoreiche Anlage, daher drückt auch die allgemeine Verunsicherung auf die Preise. Aktuell gibt der Preis für ein Barrel US-Leichtöl der Sorte WTI um 1,6 Prozent auf 61,62 Dollar nach. Brent verliert 1,4 Prozent auf 64,84 Dollar.
Abercrombie & Fitch schießen nach Zahlen nach oben
Die Papiere von Exxon Mobil fallen als Dow-Schlusslicht um 2,5 Prozent, obwohl der US-Mineralölkonzern bis 2025 Gewinn und Cashflow aus dem operativen Geschäft in etwa verdoppeln will. Analysten bemängeln angesichts dieser Aussichten fehlende Pläne für Aktienrückkäufe. Zudem bleiben Analysten skeptisch, denn in der Vergangenheit seien groß angekündigte Ziele verfehlt worden.
Kräftig nach oben geht es mit der Aktie von Abercrombie & Fitch, die sich um 12,1 Prozent erhöht. Das US-Modeunternehmen hat im vierten Quartal mehr umgesetzt und verdient als erwartet. Die Netflix-Aktie verliert 2,3 Prozent. Die Analysten von Stifel haben die Titel des Streaming-Anbieters abgestuft und dies mit der Bewertung der Aktie begründet. Autodesk schnellen dagegen um 13,3 Prozent empor. Das Softwareunternehmen schnitt gewinn- und umsatzseitig im vierten Quartal besser ab, als Analysten erwartet hatten.
Die Titel des Steuerberaters H&R Block klettern um 9,7 Prozent nach Drittquartalsumsätzen über Markterwartung. Den ausgewiesenen Verlust verzeihen Investoren. Ross Stores enttäuscht mit Ausblick, die Aktie des Einzelhändler büßt 5,1 Prozent ein. Nach schwachen Geschäftszahlen brechen die Titel des Einzelhändlers Dollar Tree um 14,7 Prozent ein.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 24.549,51 -1,34 -334,61 -0,69 S&P-500 2.702,29 -0,95 -25,83 1,07 Nasdaq-Comp. 7.320,69 -0,70 -51,32 6,04 Nasdaq-100 6.852,28 -0,88 -60,75 7,13 Laufzeit Akt. Rendite Bp zu Vortag Rendite Vortag +/-Bp YTD 2 Jahre 2,26 0,4 2,25 105,6 5 Jahre 2,64 -1,2 2,66 71,9 7 Jahre 2,80 -1,1 2,82 55,7 10 Jahre 2,87 -1,5 2,89 42,9 30 Jahre 3,15 -0,2 3,15 8,4 DEVISEN zuletzt +/- % Mi, 8:32 Di, 17:24 % YTD EUR/USD 1,2401 -0,16% 1,2415 1,2412 +3,2% EUR/JPY 131,31 +0,05% 131,21 131,47 -2,9% EUR/CHF 1,1683 +0,33% 1,1650 1,1637 -0,2% EUR/GBP 0,8935 -0,04% 0,8946 1,1187 +0,5% USD/JPY 105,88 +0,20% 105,68 105,93 -6,0% GBP/USD 1,3880 -0,12% 1,3877 1,3886 +2,7% Bitcoin BTC/USD 10.071,10 -7,2% 10.557,40 11.017,50 -26,3% ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 61,10 62,6 -2,4% -1,50 +1,2% Brent/ICE 64,33 65,79 -2,2% -1,46 -2,3% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.326,87 1.338,50 -0,9% -11,64 +1,8% Silber (Spot) 16,50 16,76 -1,6% -0,26 -2,6% Platin (Spot) 953,10 968,50 -1,6% -15,40 +2,5% Kupfer-Future 3,12 3,15 -0,9% -0,03 -5,7% ===
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March 07, 2018 12:22 ET (17:22 GMT)
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