Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche Wirtschaft hat ablehnend auf die Pläne der EU-Kommission für eine neue Digitalsteuer reagiert. Die Digitalisierung mit ihren veränderten Geschäftsmodellen und Vertriebskanälen stelle auch neue Anforderungen an die Steuersysteme, und darauf müssten die Staaten reagieren, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. "Dass die EU jetzt mit ihrer Steuerinitiative voran prescht, ohne die Ergebnisse der OECD-Analysen abzuwarten, ist aus meiner Sicht allerdings der falsche Weg", fügte er hinzu.
Denn die geplante EU-weite Steuer auf internetbasierte Werbe- und Vermittlungsleistungen breche mit international vereinbarten Besteuerungspraktiken. "Es dürfte zukünftig in vielen Fällen zu einer doppelten Besteuerung von Gewinnen kommen", warnte Schweitzer. Zudem könne die vorgeschlagene Steuer leicht als Blaupause für andere Staaten dienen, die ihrerseits einen größeren Anteil vom Aufkommen aus der Gewinnbesteuerung deutscher oder anderer EU-Unternehmen abschöpfen wollten als bisher.
Die EU-Vorschläge stellten deshalb "eine Gefahr für die exportorientierte deutsche Wirtschaft dar". Besser sei es, zu gemeinsamen internationalen Regelungen auf der Ebene der OECD, also der wichtigsten Industrieländer der Welt, zu kommen. Schweitzer meinte, ein guter Ansatz wäre, auf OECD-Ebene die Definition von Betriebsstätten und der dort erzielten Gewinne "um digitale Aspekte zu erweitern".
Negative Folgen für Wirtschaftsstandort Deutschland
Ähnlich kritisch äußerte sich der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Andreas Krautscheid. "So richtig eine Initiative zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft auf europäischer Ebene ist, um Besteuerungsdefizite bei amerikanischen Internet-Konzernen zu beseitigen, so undurchdacht und mit beachtlichen Kollateralschäden für die europäische Wirtschaft verbunden sind die aktuellen Kommissionsvorschläge", sagte er.
Komme die neue Steuer in der vorgesehenen Form, träfe sie auch und vor allem Unternehmen in der EU mit einer zusätzlichen Steuerlast - "mit den entsprechenden negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Europa und für Deutschland". Eine sachgerechte Besteuerung könne nur über eine internationale Lösung gefunden werden, bei denen die Erträge den Staaten zugeordnet würden, in denen die Wertschöpfung erfolge. "Das kann nur über die OECD geschehen", mahnte auch Krautscheid. Es komme nun auf die europäischen Staats- und Regierungschefs an, "die Kommissions-Vorschläge in die richtigen Bahnen zu lenken".
Am Vortag hatte schon der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vor Nachteilen für seine Unternehmen durch die Digitalsteuer gewarnt. "Das Ziel, mit den Richtlinien-Vorschlägen der EU digitale Umsätze steuerlich stärker zu erfassen, ist politisch nachvollziehbar, wirkt sich aber auf die Industrie aus", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Damit seien "Kollateralschäden für unsere Unternehmen zu befürchten". Statt kurzfristiger Zwischenlösungen auf EU-Ebene sei ein international koordiniertes Vorgehen notwendig, hatte auch der BDI-Hauptgeschäftsführer betont.
Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihren Vorschlag für eine Besteuerung von digitalen Umsätzen vorgelegt. Damit soll erreicht werden, dass besonders die großen Internetkonzerne wie Google, Facebook und Amazon Steuern dort abführen, wo sie ihre Geschäfte machen. Dafür ist eine Steuer von 3 Prozent auf den Umsatz solcher Konzerne in den Staaten der EU geplant.
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March 21, 2018 11:49 ET (15:49 GMT)
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