Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat die vom EU-Gipfel verabschiedeten Leitlinien für die Brexit-Gespräche begrüßt und konkrete Vereinbarungen über strittige Punkte bis zum Herbst gefordert. "Damit fängt die Arbeit erst richtig an", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Er sah "gute Nachrichten vom Europäischen Rat", denn es sei sehr wichtig für die Unternehmen, dass die EU-Länder das nächste Etappenziel in den Verhandlungen über den britischen Austritt erreicht hätten.
"Das Verhältnis der EU zum Vereinigten Königreich läuft jetzt auf ein umfassendes Handelsabkommen hinaus", meinte Lang. Die Unternehmen auf beiden Seiten des Ärmelkanals benötigten dringend Orientierung, welche Regeln im Außenhandel, im Transportwesen und in der Regulierung dauerhaft gelten sollten. "Das Vereinigte Königreich muss sich mit der EU bis Oktober auf die politischen Eckpunkte einigen, um erfolgversprechende Verhandlungen zu eröffnen", verlangte er.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, betonte, auch nach den Brüsseler Brexit-Beschlüssen könne "keine Entwarnung gegeben" werden. "Immerhin scheint eine Etappe beim Brexit geschafft", sagte er. Eine Übergangsphase würde zumindest für die nächsten Monate einen Rahmen der Zusammenarbeit geben. Doch seien die negativen Auswirkungen des Brexit nicht vom Tisch.
"Anstatt Klarheit zu haben, wie die künftigen Wirtschaftsbeziehungen nach der Übergangsphase aussehen werden, bleiben dicke Nebelschwaden über dem Ärmelkanal hängen", konstatierte Wansleben. Leider seien die für die Unternehmen drängenden Themen "auch ein Jahr vor dem Brexit noch immer nicht auf der Tagesordnung der Unterhändler gelandet".
Nur ein Zwischenschritt
Auch die SPD-Bundestagsfraktion forderte Maßnahmen von London, um eine zügige Einigung bis zum Oktober dieses Jahres zu erreichen. "Premierministerin May muss jetzt konkrete Vorschläge machen, in welchem Rahmen sich zukünftig der wirtschaftliche und politische Austausch mit der EU-27 vollziehen soll", erklärten die Abgeordneten Metin Hakverdi und Markus Töns, die Berichterstatter für das Thema sind.
Die Leitlinien seien nur ein Zwischenschritt. Die größte Gefahr für ein Scheitern der Verhandlungen gehe weiterhin von den britischen Konservativen aus. Es sei an Theresa May, diesen innerparteilichen Widerstand zu überwinden. "Gelingt ihr dies nicht, droht ein ungeordneter Brexit, der auch nicht im deutschen Interesse ist", warnten die SPD-Politiker.
Linken Fraktionsvize Fabio De Masi mahnte, ein Freihandelsabkommen der EU mit Großbritannien dürfe "nicht zu weiterem Dumping bei Löhnen, Arbeitszeiten, sozialen Rechten oder der Finanzmarktregulierung" führen. Der Bundestag müsse sowohl über ein Übergangsabkommen als auch über ein Freihandelsabkommen befinden. "Ein Neustart der Beziehungen zum Vereinigten Königreich muss auch einen Neustart der EU umfassen, um Lohn- und Sozialdumping sowie die Privatisierung öffentlichen Eigentums zu unterbinden", forderte De Masi.
Die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden 27 EU-Staaten hatten die Leitlinien für die künftigen Beziehungen zu Großbritannien bei ihrem Gipfel in Brüssel verabschiedet, wie EU-Ratspräsident Donald Tusk über den Kurznachrichtendienst Twitter bekanntgab.
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March 23, 2018 09:07 ET (13:07 GMT)
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