Die IG Metall hat vor der Vorstellung der Rentenkommission der Bundesregierung ein steigendes Rentenniveau in Deutschland gefordert. Die Kosten hierfür müssten auf Arbeitgeber, Beschäftigte und öffentliche Haushalte aufgeteilt werden, sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Andere halten solche Forderungen für unbezahlbar. An diesem Mittwoch stellt Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) eine neue Rentenkommission vor. Das Beratungsgremium soll bis März 2020 ein Gesamtkonzept für die Alterssicherung ab dem Jahr 2025 vorschlagen.
Union und SPD wollen das Rentenniveau, also das Verhältnis von Rente zu Durchschnittseinkommen, bis 2025 auf heutigem Niveau von 48 Prozent halten. Der Beitragssatz soll von 18,6 Prozent nicht über 20 Prozent steigen. Aber auch langfristig soll die Haltelinie Beiträge und Niveau absichern.
Der Münchener Rentenforscher Axel Börsch-Supan kritisierte den Plan als unbezahlbar, da künftig auf immer mehr Rentner immer weniger Beitragszahler kämen. "Auf diese demografische Umwälzung allein mit starren Haltelinien beim Beitragssatz und beim Rentenniveau zu reagieren, würde den Steuerzuschuss für die Rente bis 2035 um 80 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich in die Höhe treiben", sagte er der dpa.
Urban forderte: "Die Kommission muss die Weichen für eine verlässliche und auskömmliche Rentenversicherung stellen, auf die sich alle Generationen - auch die Jungen - verlassen können." Dazu müsse das Rentenniveau wieder steigen. "Das hat seinen Preis", räumte der Gewerkschafter ein. "Der Schlüssel für eine solide Finanzierung der Renten liegt im Arbeitsmarkt und in einer sozialstaatlichen Verteilungspolitik und nicht in der weiteren Privatisierung der Alterssicherung."
SPD-Fraktionsvize Katja Mast betonte: "Alterssicherung braucht lange Linien." Nur das schaffe Verlässlichkeit. Auch für die Zeit nach 2025 brauche man politische Antworten, die langfristig Vertrauen schaffen sollten.
Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung, Gundula Roßbach, sagte der dpa, für die laufende Legislaturperiode bis 2021 sei davon auszugehen, "dass wir die 48 Prozent Rentenniveau und die 20 Prozent Beitragssatz halten werden". Noch in dieser Legislaturperiode beginnen die geburtenstarken Jahrgänge, in Rente zu gehen. Roßbach sagte, die Kommission solle die Gesamtlage betrachten. "Also auch die Absicherung in der betrieblichen und privaten Altersvorsorge."
Aus ihrer Sicht sollten in der Rentenkommission auch die Auswirkungen von Arbeit 4.0 auf die Alterssicherung diskutiert werden, sagte Roßbach. "Wir müssen prüfen, was die Arbeit beispielsweise bei Internetplattformen für die Alterssicherung bedeutet." Sie erinnerte daran, dass die Koalition Selbstständige ohne Pflichtversicherung fürs Alter verpflichtend absichern wolle. "Das betrifft rund 2,8 Millionen Menschen. Wir müssen auch schauen, wie sich der Bereich durch Arbeit 4.0 weiterentwickelt, wann es etwa klare Auftraggeber und Arbeitgeber gibt und auch, ob die Menschen hier beispielsweise ehrenamtliche Leistungen in der Freizeit erbringen." Die Politik sollte sich darauf einstellen, die Altersvorsorge hier an die neuen Entwicklungen anzupassen, sagte sie.
Eine Stellschraube, um die Renten trotz sich ändernder demografischer Lage bezahlbar zu halten, ist grundsätzlich auch längeres Arbeiten. Laut einer Studie von Börsch-Supan müsste das Rentenalter bis 2030 auf 69 und bis 2045 auf 71 Jahre steigen, wenn damit die Kosten der Haltelinien ausgeglichen werden sollten, sofern diese unverändert weiterbestehen sollten./bw/DP/zb
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