Von Christian Grimm
BERLIN (Dow Jones)--In der schriftlichen Begründung zu seinem wegweisenden Diesel-Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass es für Diesel-Fahrverbote auf einzelnen Strecken keiner Übergangsfristen bedarf. "Derartige Einschränkungen gehen ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinaus, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen", schreiben die Richter in der Urteilsbegründung. Dow Jones Newswires hatte Einblick in das Dokument.
Die Bundesregierung könnte das unter Zugzwang setzen, wenn neben Hamburg weitere Städte Fahrverbote auf einzelnen Straßenzügen verhängen. Der Ruf nach einer blauen Plakette für saubere Diesel und damit einer einheitlichen Regelung dürfte dann lauter werden. Bisher hat das Verkehrsministerium stets darauf verwiesen, erst die schriftliche Urteilsbegründung der Entscheidung von Ende Februar abwarten zu wollen.
Hamburg hat bereits die Verbotsschilder für zwei Abschnitte in der Innenstadt aufgestellt. Ab Ende Mai soll dann der Bann für ältere Diesel gelten. Ausgesperrt werden alle Selbstzünder, die nicht über die höchste Abgasnorm Euro 6 verfügen. Sie trat am 01. September 2015 in Kraft.
Muss eine Stadt wegen mit giftigen Stickoxiden verschmutzter Luft einen gesamten Bereich (Zone) sperren, gelten Übergangsfristen. Dieselwagen mit der Abgasnorm Euro 5 darf das Fahren nicht vor September nächsten Jahres verboten werden. Durch diese Übergangsfrist sieht das Gericht die Verhältnismäßigkeit gewahrt zwischen dem Schutz der Gesundheit und dem Eigentum der Autohalter. Bereits jetzt hat durch die Diskussion der Wert der Gebrauchten schwer gelitten.
Die Bundesregierung lehnt bisher die Einführung einer blauen Plakette ab, um saubere Diesel von alten Stinkern einfach unterscheiden zu können. Uneins sind Union und SPD bei der Frage nach umfassenden Nachrüstungen älterer Selbstzünder mit Harnstoff-Katalysatoren, damit sie weniger Stickoxide aus den Auspuffrohren blasen. Während die SPD für die milliardenteure Nachrüstung bei Millionen Pkw auf Kosten der Autohersteller plädiert, stellt sich die Union dagegen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will BMW, Daimler und Volkswagen nicht über Gebühr belasten. Ihrer Überzeugung nach brauchen die Unternehmen das Geld für Investitionen in E-Autos.
Am Donnerstag hatte die EU-Kommission die Zügel gegen Deutschland wegen des Verstoßes gegen die EU-Grenzwerte für saubere Luft angezogen. Brüssel verklagt die Bundesrepublik und fünf weitere EU-Staaten vor dem Europäischen Gerichtshof, weil der Kommission die zugesagten Schritte für eine Verbesserung der Luftqualität nicht genügen.
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May 18, 2018 11:31 ET (15:31 GMT)
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