Von Matthias Goldschmidt
FRANKFURT (Dow Jones)--Ein wichtiger Aktionärsberater ist im Vorfeld der Hauptversammlung der Deutschen Bank hart mit dem Aufsichtsrat ins Gericht gegangen. Hans-Christoph Hirt von Hermes EOS bemängelte die zahlreichen Wechsel im Vorstand, die in die Amtszeit von Aufsichtsratschef Paul Achleitner fielen. Er rief das Kontrollgremium außerdem auf, sich mit der Nachfolgeplanung an seiner Spitze zu befassen.
Angesichts der Menge an Herausforderungen, denen sich die Deutsche Bank derzeit gegenübersieht, seien eine effektivere Führung und Kontinuität im Vorstand erforderlich. Unglücklicherweise jedoch sei die Fluktuation nach wie vor hoch, schrieb Hirt. Während der sechsjährigen Amtszeit Achleitners habe es inklusive der Ernennung Christan Sewings zum Vorstandschef, die von Gerüchten und Informationslecks begleitet wurde, vier CEOs bzw Co-CEOs gegeben. Außerdem hob er die Abgänge des Co-Vizechefs Marcus Schenck und von IT-Vorstand Kim Hammonds nach der Berufung Sewings hervor.
Die Vorstandsabgänge werfen laut Hirt Fragen nach Defiziten im Auswahlprozess des Aufsichtsrats auf. Außerdem fragt Hirt, ob die Änderungen im Vorstand möglicherweise nur das grundlegende Problem überdecken, nämlich, dass keine umsetzbare Strategie vorliegt, die Werte für Aktionäre und andere Interessengruppen schafft. Dafür sei Achleitner nach mehreren strategischen Kehrtwenden letztlich verantwortlich.
Auch im Aufsichtsrat habe es unter Achleitners Ägide trotz einiger notwendiger Wechsel zu Beginn eine ungewöhnlich hohe Fluktuation gegeben. Nach der Hauptversammlung am Donnerstag werde die Amtszeit der Aufsichtsräte bei durchschnittlich zwei Jahren liegen, was an einer effektiven Arbeit des Gremiums zweifeln lasse.
Besonders bedauert er den Abschied Henning Kagermanns nach der diesjährigen Hauptversammlung aus dem Aufsichtsrat und entsprechend den zentralen Ausschüssen. Dieses hinterlasse ein beträchtliches Vakuum, da Kagermann unter den Vertretern der Kapitalseite de facto als das höchstrangige unabhängige Mitglied agiert habe. Für seine Nachfolge scheine keiner der Kandidaten geeignet.
"Wir fordern die Deutsche Bank auf, sich gründlich über die künftige Zusammensetzung des Nominierungsauschusses des Aufsichtsrates Gedanken zu machen und die Neuaufstellung als Chance zu begreifen, den Auswahl- und Nominierungsprozess für den Vorstand und die Aufsichtsratsmitglieder zu prüfen und zu verbessern", so Hirt. Außerdem sollte der Nominierungsausschuss sich mit Plänen für die Nachfolge Achleiters befassen.
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May 22, 2018 07:31 ET (11:31 GMT)
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