Von Steffen Gosenheimer
FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte zeigen sich im Frühhandel am Donnerstag angesichts der weiter eingetrübten Nachrichtenlage widerstandsfähig. Nach den teils herben Verlusten am Vortag tendieren sie überwiegend seitwärts. Zu den jüngsten Belastungsfaktoren wie dem Handelskonflikt zwischen den USA und China, den wieder zunehmenden Spannungen zwischen den USA und Nordkorea, der politischen Entwicklung in Italien und enttäuschenden Konjunkturdaten aus der EU ist die Drohung aus den USA mit der Einführung von Importzöllen auf Autos und Autoteile hinzugekommen.
Auf der positiven Seite findet sich lediglich das Protokoll der jüngsten US-Notenbanksitzung vom Vorabend. Es wird als taubenhaft interpretiert, weil es keine Signale einer aggressiveren Zinserhöhungspolitik enthält.
In diesem Umfeld liegt der DAX 0,1 Prozent im Plus bei 12.987 Punkten. Der Euro-Stoxx-50 erholt sich um 0,2 Prozent auf 3.550 Punkte. Der Euro erholt sich ebenfalls leicht, der Yen profitiert dagegen weiter von seinem Ruf als sicherer Hafen. Der Dollar geht nur noch mit 109,59 Yen um, nachdem er zu Wochenbeginn noch knapp 2 Yen mehr kostete. Das zeugt von einer zunehmenden Risikoscheu. Deutsche Anleihen tendieren nach den Gewinnen vom Vortag seitwärts.
In Mailand kommt es zu einer Erholung um ein halbes Prozent, zugleich steigen auch die Kurse der Anleihen wieder. Die Zehnjahresrendite kommt von Ständen über 2,40 auf 2,34 Prozent deutlicher zurück. Stimmungsaufhellend dürfte wirken, dass Italien in Kürze wieder eine stabile Regierung haben wird, nachdem Präsident Sergio Mattarella den parteilosen Juristen Giuseppe Conte mit der Regierungsbildung beauftragt hat. Vorgeschlagen wurde er von den Chefs der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechts gerichteten Lega, Luigi Di Maio und Matteo Salvini.
Sie haben die Bildung einer Regierungskoalition vereinbart und wollen unter anderem in dem hoch verschuldeten Land die Steuern senken, ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen und das Renteneintrittsalter senken. Dies birgt hohes Konfliktpotenzial mit der EU und sorgte an den italienischen Finanzmärkten zuletzt für herbe Verluste.
VW, Porsche, Daimler und BMW bis 2,4 Prozent schwächer
Gesprächsthema Nummer eins am Aktienmarkt ist der neue Vorstoß der USA in Sachen Strafzölle. US-Handelsminister Wilbur Ross lässt aus Gründen der nationalen Sicherheit die Erhebung von Zöllen auf Autoimporte prüfen. Dabei soll es um einen Satz von 25 Prozent gehen. Vor allem die deutschen Autohersteller dürfte dies treffen. Dieselbe Begründung hatte die US-Regierung zuvor auch bei den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium angeführt. Diese sind für Importe aus der Eurozone zwar noch ausgesetzt, die Sonderregelung dürfte aber im Juni beendet werden.
Autoaktien stehen unter Druck. Bereits in Tokio und in Seoul verzeichneten die Kurse der Autoaktien deutliche Verluste von 3 bis 5 Prozent. Während BMW und Daimler aufgrund relativ hoher Produktionsanteile in den USA relativ glimpflich davon kommen dürften, träfen Importzölle vor allem den VW-Konzern, heißt es im Handel. Zum einen wegen des hohen Produktionsanteils in Mexiko, zum anderen wegen der Direktexporte von Audi und Porsche aus Deutschland in die USA. Porsche, Daimler und BMW verlieren zwischen 2,2 und 2,4 Prozent. Der Stoxx-Autoindex liegt mit einem Minus von 1,2 Prozent ganz am Ende.
Hedgefonds soll Thyssenkrupp-Kurs Beine machen
Thyssenkrupp ziehen kräftiger an um 1,6 Prozent. Händler verweisen darauf, dass der Hedgefonds Elliott nun den Einstieg bestätigt hat. Bereits vor zwei Tagen war der Kurs mit entsprechenden Gerüchten stark gestiegen. "Der Markt setzt nun darauf, dass Elliott eine aktive Rolle bei der Umstrukturierung spielt", sagt ein Marktteilnehmer.
Die Deutsche Telekom ändert ihre Dividendenpolitik. Künftig soll sich die Ausschüttung am bereinigten Gewinn je Aktie (EPS) statt am freien Cashflow ausrichten. Außerdem werden Aktienrückkäufe erwogen. Der Kurs wird davon nicht gestützt. Über den Tag hinaus dürfte weiter die geplante Fusion zwischen T Mobile US und Sprint die Musik machen, heißt es im Handel.
Die Aktie der Deutschen Bank pendelt um ihren Vortagesschluss. Die Bank will vor allem die Investmentbank verkleinern und die Anzahl der Vollzeitstellen auf deutlich unter 90.000 senken von aktuell etwas mehr als 97.000. Im Vorfeld war über einen noch stärkeren Stellenabbau spekuliert worden. Für den Umbau, der das Jahresergebnis 2018 belasten wird, erwartet die Bank einmalig Restrukturierungs- und Abfindungskosten von bis zu 800 Millionen Euro. Im Aktiengeschäft sollen rund 25 Prozent der Stellen wegfallen.
Im Handel heißt es dazu: "Der Rückbau kostet zunächst einmal Geld". Die Frage sei, ob die Bank danach wieder auf Wachstum umschalten könne. "Die Kursperspektiven bleiben mau", so der Teilnehmer weiter.
Lira schon wieder auf dem Weg nach unten
Am Devisenmarkt scheint die stützende Zinserhöhung in der Türkei schon wieder zu verpuffen. Nachdem die Lira am Vorabend zum Dollar einen kräftigen Satz nach oben machte, kostet der Dollar aktuell wieder 4,6556 Lira. Am Mittwoch war er von Rekordhochs über 4,90 Lira bis auf rund 4,55 abgesackt, nachdem die türkische Zentralbank angesichts des Verfalls der Lira den Zinssatz für die sogenannte Spät-Liquidität deutlich erhöhte auf 16,5 von 13,5 Prozent. Die Lira hatte in den vergangenen Tagen immer neue Rekordtiefs markiert. Der Abwärtsdruck hatte sich dabei zuletzt verschärft, nachdem Präsident Recep Tayyip Erdogan gesagt hatte, er wolle sich nach den vorgezogenen Wahlen am 24. Juni stärker in die Geldpolitik einbringen. Erdogan gilt als strikter Gegner höherer Zinsen.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD Euro-Stoxx-50 3.549,30 0,21 7,48 1,29 Stoxx-50 3.141,08 0,15 4,85 -1,16 DAX 12.983,31 0,05 6,47 0,51 MDAX 26.724,34 0,09 25,24 2,00 TecDAX 2.820,14 0,85 23,87 11,51 SDAX 12.539,62 0,08 10,05 5,49 FTSE 7.792,38 0,05 3,94 1,74 CAC 5.584,47 0,33 18,62 5,12 Bund-Future 159,57 -0,10 0,22 INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 24.886,81 0,21 52,40 0,68 S&P-500 2.733,29 0,32 8,85 2,23 Nasdaq-Comp. 7.425,96 0,64 47,50 7,57 Nasdaq-100 6.953,63 0,87 60,01 8,71 US-Anleihen Laufzeit Akt. Rendite Bp zu Vortag Rendite Vortag +/-Bp YTD 2 Jahre 2,52 -0,4 2,53 132,2 5 Jahre 2,83 0,2 2,82 90,3 7 Jahre 2,95 0,5 2,94 70,1 10 Jahre 3,00 1,1 2,99 55,9 30 Jahre 3,16 1,2 3,15 9,6 DEVISEN zuletzt +/- % Do, 8:58 Mi, 17:17 % YTD EUR/USD 1,1728 +0,20% 1,1716 1,1708 -2,4% EUR/JPY 128,54 -0,11% 128,36 128,75 -5,0% EUR/CHF 1,1645 +0,04% 1,1647 1,1643 -0,6% EUR/GBP 0,8772 +0,10% 0,8764 1,1401 -1,3% USD/JPY 109,61 -0,31% 109,55 109,95 -2,7% GBP/USD 1,3370 +0,13% 1,3367 1,3349 -1,1% Bitcoin BTC/USD 7.678,93 +0,9% 7.676,39 7.924,04 -43,8% ANLEIHERENDITEN aktuell Vortag YTD absolut Deutschland 2 Jahre -0,63 -0,63 -0,02 Deutschland 10 Jahre 0,51 0,50 0,08 USA 2 Jahre 2,52 2,53 0,63 USA 10 Jahre 3,00 2,99 0,59 Japan 2 Jahre -0,14 -0,15 0,00 Japan 10 Jahre 0,04 0,04 -0,01 ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 71,53 71,84 -0,4% -0,31 +19,7% Brent/ICE 79,50 79,80 -0,4% -0,30 +21,8% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.296,50 1.293,39 +0,2% +3,11 -0,5% Silber (Spot) 16,50 16,45 +0,3% +0,05 -2,6% Platin (Spot) 909,00 903,00 +0,7% +6,00 -2,2% Kupfer-Future 3,06 3,06 -0,1% -0,00 -7,9% ===
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May 24, 2018 03:51 ET (07:51 GMT)
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