Von Paul Hannon
LONDON (Dow Jones)--Die Bank of England (BoE) könnte nach den Worten von Gouverneur Mark Carney auf geplante Leitzinserhöhungen verzichten oder sogar die Geldpolitik lockern, wenn der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union "schärfer" wäre als erwartet. Die BoE hat bisher signalisiert, ihren Leitzins in den kommenden Jahren bis zu drei Mal zu erhöhen, wenn die Wirtschaft um 1,75 Prozent pro Jahr wachsen würde.
Dieser zinspolitische Pfad setzt jedoch voraus, was die BoE als "glatten" Brexit bezeichnet - einen Austritt mit einer Übergangszeit, die den Unternehmen und Haushalten Zeit gibt, sich auf eine neue Handelsbeziehung zwischen Großbritannien und der EU einzustellen.
In einer Rede vor Wirtschaftswissenschaftlern sagte Carney nun, dass die Zentralbank ihre Pläne für Zinserhöhungen aufgeben könnte, wenn es keine Übergangszeit gäbe oder das Ausstiegsabkommen Großbritannien vor hohe Handelshürden stellt. "Ein schärferer Brexit könnte die Geldpolitik auf einen anderen Weg bringen", erläuterte Carney.
Der Währungshüter legte nicht die genauen Schritte dar, die der BoE-Rat im Falle eines ruckartigen Abgangs unternehmen würde, aber er verwies als Richtschnur auf seine Maßnahmen in den Monaten nach dem überraschenden Votum für eine Abkehr von der EU im Juni 2016.
"Um die mögliche Reaktion des Rates zu verstehen, können Unternehmen, Haushalte und Marktteilnehmer auf die Erfolgsbilanz des Komitees zurückgreifen, die sich nach dem Referendum ergeben hat, da genau der gleiche Rahmen gelten würde", erklärte Carney.
Um das Wirtschaftswachstum zu unterstützen, senkte die BoE im August 2016 ihren Leitzins von 0,50 Prozent auf ein Rekordtief von 0,25 Prozent und startete ein Anleihekaufprogramm, das 60 Milliarden Pfund für Staatsanleihen und 10 Milliarden Pfund für Unternehmensanleihen umfasste.
Im November 2017 kehrte sie die Geldpolitik um, um die Inflation zu zähmen, die aufgrund der Abwertung des Pfunds nach der Brexit-Abstimmung über das Ziel von 2 Prozent gestiegen war. Die Abwertung erhöhte die Preise für importierte Waren und Dienstleistungen. "Aus geldpolitischer Sicht ist die Bank of England bereit für den Brexit, in welcher Form auch immer", beteuerte der oberste Notenbanker Britanniens.
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May 25, 2018 04:46 ET (08:46 GMT)
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