In der Vergangenheit haben schon weniger Krisenpotenziale als heute Aktienkurse einbrechen lassen. Doch aktuell zeigt sich ein Lotusblüten-Effekt: Selbst große Risiken perlen an Aktien ab. Dabei steht das deutsche Geschäftsmodell "Export" durch den Handelsstreit unter Beschuss. Und in Italien ist eine Regierungskrise zwar abgewendet worden. Doch werden die stabilitätsfeindlichen Vorhaben der populistischen Regierungsparteien dem europäischen Frieden nicht zuträglich sein. Nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob die Liquiditätshausse an den Aktienmärkten zum Auslaufmodell wird. Tatsächlich will die EZB auf ihrer nächsten Sitzung am 14. Juni diskutieren, inwieweit sie noch Anleihekäufe tätigt. Aber was spricht vor diesem Hintergrund denn für die Robustheit von Aktien? Oder ist ein Aktieneinbruch nur aufgeschoben?
Das Ende der friedlichen Freihandels-Koexistenz?
Amerikanische Importzölle auf Stahl und Aluminium werden ab 1. Juli von der EU mit Strafzöllen auf US-Waren wie Erdnussbutter, Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder vergolten. Wird das gegenseitige handelsprotektionistische Hochschaukeln zu einem ausgewachsenen Handelskrieg? Dieser wäre der ultimative Angriff auf die Geschäftsmodelle der Exportnationen. Tatsächlich schlägt sich die handelsseitige Verunsicherung in negativen Konjunkturerwartungen allen voran in Deutschland und der Eurozone nieder.
Allerdings trübt sich auch die wirtschaftliche Stimmung in den USA ein. Trumps Weltanschauung, Amerika könne aufgrund seiner negativen Handelsbilanz gegenüber fast der gesamten Welt keinen Handelskrieg verlieren, ist naiv. Handelsüberschüsse von China und Deutschland bezeugen, dass die amerikanische Industrie offensichtlich auf Zulieferprodukte aus Europa und Asien angewiesen ist. Werden diese teurer, erhöht sich der amerikanische Produktendpreis zulasten von US-Kunden - siehe Dosenbier - oder es kommt zu Versorgungsengpässen mit negativen Streueffekten für die US-Volkswirtschaft insgesamt.
Ohne Zweifel, Trumps schwingende Handelskeule, Einfuhrzölle auch auf europäische Exportschlager wie Autos zu erheben, träfe den deutschen Wirtschaftsstandort empfindlich. Aber im Umkehrschluss müsste auch Export-Amerika schmerzliche Zollkröten schlucken. Die Manager von Amerikas Konsum- und Technologieunternehmen laufen bereits Sturm. Abschottung passt nicht zu einem Amerika, dass sich zukünftig weniger auf kreditfinanzierte Binnenkonjunktur, sondern stärker auf Industrie und Außenhandel stützen will.
Bei der Diskussion um Handelsbeschränkungen darf man sicherlich die US-Kongresswahlen im November nicht außer Acht lassen. Trump will die republikanische Mehrheit verteidigen, um während seiner Präsidentschaft nicht von der Zustimmung der Demokraten abhängig zu sein. Mit harter Handelsrhetorik wird er sich vor diesem Hintergrund weiter als "Captain America" präsentieren.
Unter Abwägung aller Argumente zeigt der chinesische Weg die Handelslösung auf. China ist bereit, seinen Handelsüberschuss durch Käufe amerikanischen Fracking-Öls und Gas zu reduzieren. Das wäre auch ein Ansatz für die EU. Die Angleichung von Zöllen auf beiden Seiten des Atlantiks sollte hinzukommen. Bereits jetzt zeigen die europäischen Unternehmen mit Blick auf die Handelsstreitigkeiten viel Pragmatismus. Durch verstärkte Investitionen in den USA umgehen sie zollbedingte umsatzschädliche Reibungsverluste und machen sich bei Trump im Zuge eines dortigen Arbeitsplatzaufbaus sogar "Liebkind". Insgesamt werden handelsschädliche Einflüsse auf Aktienkurse deutlich abgefedert.
Mittelstandswerte als deutsche Aktien-Helden
Im Vergleich zum DAX zeigen sich exportsensitive Mittelstands-Aktien aus MDAX und SDAX besonders widerstandsfähig. Sie profitieren von ihrem breiten Industrie-Know How und zahlreichen Patenten, die auch aus Amerika unabhängig von Handelskonflikten nachgefragt werden. Deutsche Technologieaktien aus dem TecDAX decken zukunftsträchtige Wachstumsbereiche ab. Titel aus den Bereichen Software, Zahlungsdienstleistungen und Halbleiter profitieren beispielsweise vom weltweiten Trend zunehmender elektronischer Zahlungen über mobile Endgeräte und der Digitalisierung im Einzelhandel. Vor diesem Hintergrund kommen Aktien aus MDAX, SDAX und TecDAX auch genügend Übernahmephantasie zugute.
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