Auf die Euphorie an den Börsen könnte in der kommenden Woche Ernüchterung folgen. Sorgte die Europäische Zentralbank am Donnerstag für einen Paukenschlag und kräftige Kursgewinne - sie will die Zinsen noch mindestens bis Sommer 2019 nicht erhöhen - so könnte der Handelskonflikt in der wieder die Schlagzeilen und die Börsenkurse dominieren. Erste Auswirkungen waren bereits am Freitag zu spüren, nachdem die USA Zölle auf bestimmte Waren aus China verhängt hatten und Peking mit Vergeltung drohte.
Grundsätzlich scheint die Stimmung unter Börsianern noch gur. Für
den Dax
"Es ist beachtlich, wie gelassen Anleger mit so wichtigen Themen wie dem Handelskonflikt mit den USA umgehen", warnte Markus Reinwand von der Landesbank Helaba. Der VDax als Gradmesser der Nervosität am Markt bewege sich fast schon wieder auf historisch niedrigem Niveau. Es wäre nicht das erste Mal, so der Analyst, dass Investoren ihre Einstellung revidieren müssten.
Reinwand verwies auf den Kurseinbruch vom Jahresanfang, als die straffere Geldpolitik der Fed heftige Verluste bei Aktien und Anleihen ausgelöst hatte. Die Wachstumszahlen aus den USA sind ungebrochen stark, und die Inflation steigt. Spannend könnte es also am Donnerstag und Freitag werden, wenn in den USA Daten zum Arbeitsmarkt, zur Stimmung von Einkäufern in Unternehmen sowie Frühindikatoren veröffentlicht werden.
Belasten könnte die Börsen in der kommenden Woche erneut der Handelskonflikt zwischen den USA einerseits und Europa und China andererseits. US-Präsident Donald Trump hat schon einmal Ernst gemacht und lässt gegen China Strafzölle auf Waren im Wert von 50 Milliarden US-Dollar verhängen. Sollte die Regierung in Peking zurückschlagen, werden nach Aussage Trumps weitere Zölle folgen.
"Handelsstreitigkeiten werden die Märkte immer in Mitleidenschaft ziehen", ist sich Craig Erlam vom Broker Oanda sicher. Angesichts der Stärke der heimischen Wirtschaft und des scheinbaren Erfolgs seiner Nordkorea-Politik könne Trump nun sogar Arbeitsplätze in den USA gefährden, um so den Druck auf andere Staaten zu erhöhen, argumentierte der Analyst. Das werde die Weltwirtschaft ebenso belasten wie die Stimmung an den Finanzmärkten.
Anders als in den USA haben die Konjunkturdaten in der Eurozone zuletzt enttäuscht. Hier hat der Handelsstreit zwischen den USA und der Europäischen Union bereits Spuren hinterlassen. "Mit den jüngsten Entwicklungen in Italien dürften die Sorgen nicht kleiner geworden sein", sagte Lucas Kramer von der Postbank. In Rom regiert seit kurzem eine europakritische Koalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und rechtspopulistischer Lega. Für den Einkaufsmanager-Index für das verarbeitende Gewerbe in der Eurozone im Juni rechnet der Ökonom daher mit einem weiteren Rückgang.
Mit Blick auf die Unternehmen dürften die Kursimpulse in der
kommenden Woche noch dünn gesät bleiben. Am Dienstag nach
Börsenschluss in den Vereinigten Staaten veröffentlichen die
US-Schwergewichte Oracle
--- Von Benjamin Krieger, dpa-AFX ---
ISIN DE0008469008
AXC0212 2018-06-15/16:49