Wochenausblick: Handelsstreit drückt Kurse
Sowohl Fußball als auch die Aktienkurse sorgen zum Wochenauftakt für lange Gesichter auf dem Parkett. Dabei hält sich der DAX vor dem Hintergrund der vielen Probleme durchaus nicht schlecht.
18. Juni 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach den kräftigen Kursgewinnen in der vergangenen Woche, befeuert durch die jüngsten EZB-Aussagen, ist die Stimmung nun wieder etwas verhaltener. Der Handelskonflikt ist - neben der Enttäuschung über die deutsche Fußballelf beim WM-Spiel gegen Mexiko - Thema Nummer eins unter Börsianern. Nun will US-Präsident Donald Trump für China Strafzölle auf Waren im Wert von 50 Milliarden US-Dollar verhängen, Peking legte am Wochenende ein erstes Paket mit Gegenmaßnahmen vor. Zudem sorgt der Streit zwischen CDU und CSU um die Flüchtlingspolitik für Unsicherheit.
Der DAX liegt am Montagmorgen bei 12.939 Punkten Punkten, das ist ein Minus von rund ein dreiviertel Prozent. Am Freitag war der Index mit 13.010,55 Zählern aus dem Handel gegangen - ein Wochenplus von knapp 2 Prozent.
Dass die EZB am Donnerstag angekündigt hat, ihr milliardenschweres Anleihekaufprogramm zurückzufahren und bis Ende des Jahres auslaufen zu lassen, war so erwartet worden. Überrascht hat allerdings, dass sich die Notenbank darauf festlegte, die Leitzinsen bis mindestens Sommer 2019 auf dem aktuellen Niveau zu belassen. Das kam an der Börse gut an, denn höhere Zinsen sind in der
Regel Gift für die Aktienmärkte.
Bewertungen wieder attraktiver
Doch es gibt weiter einige Probleme: "An stimmungsbelastenden Faktoren mangelt es derzeit nicht", kommentiert die DekaBank mit Blick auf die Lage in Italien und die Handelsstreitigkeiten. "Dass sich der Aktienmarkt angesichts dieser Stimmungslage dennoch relativ stabil verhält, ist auf die anhaltend gute konjunkturelle Lage zurückzuführen und damit auch auf ein Umfeld, das für gute und steigende Unternehmensgewinne spricht", erläutern die Analysten. Durch die zuletzt leicht angehobenen Gewinnerwartungen seien die Bewertungen in den letzten Wochen sogar gesunken. Zusätzliche Unterstützung erfahre der Markt durch den schwächeren Euro. "Fundamental sind die Rahmenbedingungen für deutsche Aktien unverändert intakt. Die hohe politische Unsicherheit dürfte über die Sommermonate allerdings für ausgeprägte Kursschwankungen sorgen." In sechs Monaten sehen die Analysten den DAX bei 13.500 Punkten.
Aktienmarkt mit Steherqualitäten
"Es klingt absurd, aber das Schlimmste, was den Aktienmärkten vor allem in Europa passieren könnte, wäre eine fulminante Konjunkturerholung", kommentiert Robert Halver von der Baader Bank. Das bedeutete nämlich ein definitives Ende der lockeren Geldpolitik. "Ohnehin sollten die Steherqualitäten des Aktienmarkts nicht unterschätzt werden", meint Halver. Ob Brexit, Handelsprotektionismus oder Angst vor einer Euro-kritischen Regierung in Italien, der Markt stecke alles weg. Anleger rechneten damit, dass jede Kriseneskalation von Politik und Geldpolitik verhindert werde. "Vor diesem Hintergrund mag über den Sommer etwas mehr Volatilität aufkommen, die aber weit davon entfernt ist, ein nachhaltiges Aktienrisiko zu dokumentieren."
Charttechnik: hohe Hürde zu überwinden
"Einen ersten Hinweis, was in den nächsten Wochen auf uns zukommen könnte, hat der DAX bereits am Freitag, noch vor der Fußballenttäuschung, gegeben", erklärt unterdessen Charttechniker Christoph Geyer von der Commerzbank. Am großen Options- und Future-Verfallstag habe der Index einen Teil der zuvor erzielten Gewinne wieder abgegeben. Auch wenn der MACD-Indikator ein Kaufsignal gegeben habe, sei dies derzeit nur als Einzelaktion zu bewerten. "Der Widerstand bei rund 13.200 Punkten dürfte daher eine Hürde sein, die ähnlich schwer zu überwinden sein wird, wie das Überstehen der Gruppenphase unserer deutschen Nationalmannschaft."
Schwacher Euro als Pluspunkt
"Farce beim G7-Gipfel, Nordkorea-Kuschelkurs und eine US-Federal Reserve in Zinserhöhungsstimmung: Die Ereignisse der letzten Zeit schlugen sich auch im DAX nieder", bemerkt Martin Utschneider von Donner & Reuschel. Der "Run über die 13.000" sei allerdings nicht unerwartet gekommen. "Das mittelfristige Ziel war und ist 13.500, nach dem Kaufsignal bei 11.800 Punkten seit April die Zielmarke schlechthin", erklärt der Charttechniker. Bis dorthin müssten noch ein paar wichtige Widerstände überwunden werden, angefangen mit 13.300 Zählern. Utschneider hält es für gut möglich, dass diese Hürde bald angelaufen wird, das positive Momentum sei zurück. Außerdem verweist er auf den wieder deutlich schwächeren Euro. "Nun scheint die ?Matrix? der Korrelationen einzusetzen: Fallender Euro, steigender DAX. Es kann ein erfreulicher Sommer werden." Allerdings seien unerwartete (geo-)politische Meldungen immer möglich.
Indexneuzusammensetzung ab heute wirksam
Beim regulären Indextermin vor zwei Wochen sind einige Änderungen für MDAX und TecDAX beschlossen worden, die heute in Kraft treten. Puma, Delivery Hero und Scout24 sind jetzt im MDAX, Krones und alstria office REIT-AG wechseln in den SDAX. Zudem kommen DWS Group, HelloFresh und Aumann dazu.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Donnerstag, 21. Juni
9.00 Uhr. Börsengang capsensixx AG. Das Unternehmen, dessen Aktien noch bis heute 17 Uhr über Frankfurt gezeichnet werden können, hat Handelsstart. Die Zeremonie der ersten Preisfeststellung kann über boerse-frankfurt.de und dem Youtube-Kanal der Börse Frankfurt live verfolgt werden.
13.00 Uhr. Großbritannien: Zinsentscheid der Bank of England (BoE). Der DekaBank zufolge hat es die BoE schwer, ihre nächste Leitzinserhöhung auf 0,75 Prozent zeitlich unterzubringen. Nach dem schwachen ersten Quartal sei schon der Mai aus dem Rennen gewesen, und auch der August bleibe wegen schwacher Zahlen zur Industrieproduktion und unveränderter Inflationsraten fragwürdig. Nach Ansicht der Analysten wird sich die BoE wohl noch alle Optionen offenhalten.
Freitag, 22. Juni
Opec-Treffen. Laut DekaBank wird eine leichte Anhebung der Ölförderung erwartet. Dies solle helfen, Sorgen bezüglich einer bevorstehenden Angebotsverknappung zu entkräften.
10.00 Uhr. Eurozone: Einkaufsmanagerindizes Juni. Die Einkaufsmanagerindizes dürften ihre Talfahrt im Juni fortsetzen und damit die Sorgen um die Konjunktur weiter verstärken, erklärt die Commerzbank. Denn inzwischen deuteten auch die harten Daten darauf hin, dass das schwächere Wachstum im ersten Vierteljahr kein Ausreißer nach unten gewesen sei. Vielmehr sei wohl auch im zweiten Quartal nur mit einem moderaten Plus zu rechnen.
Von: Anna-Maria Borse
18. Juni 2018, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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