
Von Andreas Kissler
BERLIN (Dow Jones)--Deutschland und Frankreich wollen bei ihrem Treffen am Dienstag in Meseberg einen gemeinsamen Vorschlag für europäische Reformen vereinbaren, zuvor aber noch einzelne umstrittene Maßnahmen im Detail diskutieren. Das wurde aus der Bundesregierung bei einer Pressekonferenz am Montag in Berlin betont.
"Deutschland und Frankreich wollen morgen deutsch-französische Vorschläge erarbeiten, die dann in die Meinungsbildung beim Europäischen Rat Ende Juni einfließen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Morgen wird man versuchen, einen gemeinsamen deutsch-französischen Vorschlag zu präsentieren."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron wollen den Plan bei dem Treffen des deutsch-französischen Ministerrates in dem nördlich von Berlin gelegenen Schloss präsentieren. Eine gemeinsame Pressekonferenz ist für den Nachmittag geplant. Am Abend sollen die deutsch-französischen Pläne dann auch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker besprochen werden, der dann zu der Tagung erwartet wird. Sie sollen zu einem Reformbeschluss beim EU-Gipfel am 28. und 29. Juni führen.
Seibert betonte, Merkel habe sich in den vergangenen Wochen bereits bei verschiedenen Gelegenheiten über ihre Vorstellungen geäußert. Diese bezögen sich vor allem auf vier Themenbereiche: eine gemeinsame Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, Migration, die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion und die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Merkel hatte diese Bereiche auch am Wochenende in ihrem jüngsten Video-Podcast angeführt. Dazu habe es Vorgespräche gegeben, unter anderem am Samstag unter den Finanzministern in Hamburg.
"Einigung in Reichweite"
Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums wollte aber keine Vereinbarung beider Länder in der Frage eines gemeinsamen Budgets für die Eurozone bestätigen. "Es ist nichts beschlossen, bevor nicht alles beschlossen wird", sagte Ministeriumssprecherin Jeanette Schwamberger bei derselben Pressekonferenz. Sie wollte die Beratungen des Treffens des deutsch-französischen Ministerrates "nicht vorwegnehmen".
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte am Wochenende nach Beratungen mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire via Twitter von einem "sehr produktiven" Treffen gesprochen. "Eine Einigung ist jetzt in Reichweite", hatte Le Maire seinerseits über den Kurznachrichtendienst erklärt. Umstritten war bisher aber unter anderem noch die Frage eines eigenen Budgets für die Eurozone.
Merkel hatte Anfang Juni in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung auf die EU-Reformvorschläge des französischen Präsidenten reagiert. Darin zeigte sie sich zum Aufbau eines Investitionshaushalts für die Eurozone unter bestimmten Auflagen bereit, der "im unteren zweistelligen Milliardenbereich" schrittweise eingeführt und dann in seiner Wirkung bewertet werden soll, und unterstützte den ebenfalls von Macron vorgeschlagenen Aufbau einer europäischen Eingreiftruppe.
Mit Blick auf einen Europäischen Währungsfonds, der aus dem Euro-Rettungsfonds ESM hervorgehen soll, sprach sie sich dafür aus, Ländern mit kurzfristigen Krediten zu helfen, die durch äußere Umstände in Schwierigkeiten geraten. Vizekanzler Scholz schlug zudem in einem nachfolgenden Spiegel-Interview vor, die nationalen Systeme der Arbeitslosenversicherungen um eine Rückversicherung für die gesamte Eurozone zu ergänzen. Der Europäische Währungsfonds könnte nach seinen Vorstellungen auch die Aufgabe der Letztsicherung für Banken übernehmen.
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June 18, 2018 09:42 ET (13:42 GMT)
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