Zum Abschluss der jahrelangen Rettungsprogramme kann Griechenland im Sommer noch einmal auf Milliardenhilfen hoffen. Deutschland und die übrigen Europartner feilten am Donnerstag in Luxemburg an einem Paket aus Schuldenerleichterungen und einer letzten Auszahlung an Athen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz brachte dabei ins Gespräch, einen Teil der hohen Zinsgewinne aus den Hilfsprogrammen an Athen abzutreten.
Allein Deutschland hat seit 2010 mindestens 2,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen eingestrichen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung an die Grünen hervorgeht. Scholz sagte, das sei nicht neu. Solche Gewinne der Zentralbanken seien den Griechen "lange Zeit zur Verfügung gestellt worden", sagte der SPD-Politiker. Die Finanzminister der Eurogruppe würden diskutieren, "wie dies wieder der Fall sein kann als Teil der Entwicklung für die Zukunft".
Zur Debatte bei den Ministern standen auch weitere Schuldenerleichterungen, wie etwa die Streckung der Laufzeiten oder Zinszahlungen für Kredite. Zudem soll Griechenland ein Finanzpolster bekommen, als Absicherung für reguläre Kredite an den Finanzmärkten. Im Gegenzug wollen die Geldgeber weiter streng kontrollieren, dass Griechenland am Spar- und Reformkurs festhält.
Das dritte Rettungsprogramm im Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro begann 2015 und läuft im August aus. Bisher flossen knapp 50 Milliarden Euro. Wie hoch die letzte Auszahlung sein wird, hängt nach Angaben von EU-Diplomaten von den übrigen Komponenten des Pakets ab. Ursprünglich war eine Tranche von 11,7 Milliarden Euro geplant.
Scholz und andere Finanzminister sowie EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici zeigten sich zuversichtlich, dass ein Kompromiss gelingt und Griechenland sich nach Ende des Programms wieder selbst finanzieren kann. Scholz sagte, das würde im Ergebnis bedeuten: "Es ist gelungen, dass wir mit unserer Solidarität einem Land wieder auf die eigenen Füße helfen. Ich glaube, wenn das am Ende so kommt, ist das eine gute Nachricht, auch übrigens für den Euro und für Europa."
Der französische Finanzminister Bruno Le Maire lobte: "Wir müssen anerkennen, dass Griechenland seine Aufgabe sehr gut erledigt hat, sie haben ihre Pflichten erfüllt." Jetzt müssten auch die Europartner ihre Zusagen einlösen und "die beste Lösung für die Behandlung der griechischen Schulden finden".
Griechenland war seit 2010 auf Unterstützung der europäischen Partner und des Internationalen Währungsfonds angewiesen. Als Gegenleistung für vergünstigte Kredite in Höhe von knapp 274 Milliarden Euro musste das Land Sparprogramme und Strukturreformen auflegen. Nach Angaben der EU-Kommission wurden allein in den vergangenen drei Jahren 450 Einzelmaßnahmen durchgesetzt.
Inzwischen verzeichnet Griechenland wieder Wirtschaftswachstum und Haushaltsüberschüsse. Doch ist immer noch jeder Fünfte arbeitslos, und die staatliche Verschuldung liegt bei etwa 180 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Die deutschen Zinsgewinne ergaben sich der Regierungsantwort zufolge vor allem aus Ankäufen griechischer Staatsanleihen im Rahmen des "Securities Market Programme" der Europäischen Zentralbank, die bei der Bundesbank anfielen und dem Bundeshaushalt überwiesen wurden. Auch die Bundesbank kaufte die Staatspapiere. Die Gewinne ergeben sich aus Zinszahlungen für das Halten der Anleihen.
Der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler forderte wegen der deutschen Gewinne umfassende Schuldennachlässe für Athen. "Entgegen allen rechten Mythen hat Deutschland massiv von der Krise in Griechenland profitiert", sagte Kindler. Griechenland habe hart gespart und seine Verpflichtungen eingehalten: "Jetzt muss die Eurogruppe ihr Versprechen auch einhalten."/vsr/DP/mis
AXC0243 2018-06-21/17:27