
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der geplante EU-Austritt Großbritanniens könnte das Leistungsbilanzdefizit des Landes nach Einschätzung der Deutschen Bank deutlich steigen lassen, weil der Export von Finanzdienstleistungen in die EU nicht mehr möglich ist. Die Bank kommt in einer aktuellen Studie außerdem zu dem Ergebnis, dass der sich abzeichnende Umzug von Finanzdienstleistungen in verschiedene EU-Länder die beteiligten Banken erheblich zusätzliches Eigenkapital kosten wird.
Die Bank weist darauf hin, dass 44 Prozent der britischen Finanzdienstleistungsexporte in die EU gehen. "Ohne den Überschuss, den die Bereitstellung von Investmentbanking-Dienstleistungen an EU-Kunden erzeugt, wäre Großbritanniens Leistungsbilanzdefizit gegenwärtig 40 Prozent höher", heißt es in dem Papier.
Fast die Hälfte der gegenwärtig in London erbrachten Investmentbanking-Dienstleistungen werden laut Deutscher Bank von Filialen ausländischer Institute mit Aktiva von zusammen 3.000 Milliarden Euro erbracht. Sie, aber auch die britischen Institute, würden nach dem Brexit ihre entsprechenden Aktivitäten über Töchter in der EU ausüben müssen und diese Töchter mit eigenem Eigenkapital, eigener Liquidität, eigenen Aufsichtskapazitäten auszustatten haben.
"Das könnte zum "Ring-fencing" von weiteren 35 bis 45 Milliarden Euro führen", schreibt die Bank unter Verweis auf die Forderung der Aufsichtsbehörden an Banken, Kapital und Liquidität von Konzerntöchtern am Ort der Operationen vorzuhalten.
Sollte die EU einen Umzug des Clearings von Euro-Derivaten auf den Kontinent verlangen, würden zudem Mittel für Sicherheiten über 14 Milliarden Pfund aus London abfließen. Anschließend könnte es je nach Ausmaß der Zersplitterung dieser Aktivitäten zu einem zusätzlichen Sicherheitenbedarf von 6 bis 25 Milliarden Euro kommen.
Laut Deutscher Bank könnte eine solche "Balkanisierung" die Gewinne der Banken zusätzlich belasten und die Überlebensfähigkeit mancher Geschäftsmodelle zweifelhaft machen.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/bam
(END) Dow Jones Newswires
July 02, 2018 06:22 ET (10:22 GMT)
Copyright (c) 2018 Dow Jones & Company, Inc.