Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) wird den Abschied von ihrer Negativzinspolitik nach Einschätzung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) schneller als allgemein angenommen einleiten. "Wir tippen auf Juni oder Juli 2019", sagte Chefvolkswirt Uwe Burkert in einer Telefonkonferenz. Burkert geht davon aus, dass die EZB nach der Beendigung der Nettoankäufe merken wird, "dass es trotzdem gut läuft", und dann werde sie die Möglichkeit sehen, den Einlagensatz früher anzuheben.
Ihren Hauptrefinanzierungssatz wird die EZB nach Burkerts Einschätzung im September anheben, also noch unter Draghis Präsidentschaft. Draghi könne dann als derjenige in die Geschichte eingehen, der die Politik der quantitativen Lockerung begonnen und beendet habe, der die langfristige Refinanzierungsgeschäfte begonnen und beendet habe und der die Politik der Negativzinsen begonnen habe und zumindest den ersten Schritt zu ihrer Beendigung gegangen sei, sagte der LBBW-Chefvolkswirt.
Die LBBW senkte ihre (allerdings noch aus dem November 2017 stammenden) Wachstumprognosen für den Euroraum und Deutschland. Für den Euroraum erwartet sie 2018 und 2019 einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von je 2,0 Prozent. Bisher hatte sie 2,2 und 2,3 Prozent Wachstum vorausgesagt. Deutschlands Wachstumsprognosen für die beiden Jahre lauten jetzt auf 1,9 (2,3) und 2,0 (2,0) Prozent.
Burkert geht auf Basis der Einkaufsmanagerumfrage davon aus, dass es bis weit ins nächste Jahr hinein konjunkturellen Rückenwind geben wird. Die politischen Unsicherheiten hinderten die Unternehmen allerdings seit einiger Zeit daran, angemessen zu investieren, was man daran sehe, dass die Unternehmen ihre Geschäftslage in diesen Umfragen besser einschätzten als ihre Geschäftsaussichten. Vor 2016 sei das in der Regel umgekehrt gewesen.
Burkert erwartet nicht, dass es zu einem voll entwickelten Handelskrieg der USA mit ihren Handelspartner kommen wird. "Trump versteht vielleicht nicht die politischen Argumente der Europäer und Chinesen, aber er wird die Reaktion der Aktienmärkte verstehen", sagte Burkert.
Die LBBW sieht den Euro Ende September bei 1,14 US-Dollar und Ende Dezember bei 1,12. Für Ende Juni 2019 peilt sie dann wieder die Marke von 1,16 Dollar an. Gegenwärtig notiert der Euro bei 1,17.
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July 09, 2018 05:20 ET (09:20 GMT)
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