BRÜSSEL/BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat einer deutlicheren Steigerung der Verteidigungsausgaben eine Absage erteilt, mit der höhere Schulden verbunden wären. "Ich bin ein Anhänger des Neuverschuldungsverbots, und wenn ich als Sozialdemokrat das Konservativen sagen muss, dann sage ich es eben besonders laut", sagte er bei einer Pressekonferenz in Brüssel auf eine Frage nach dem Vorschlag von Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU), der sich für eine Steigerung auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2021 ausgesprochen hatte.
"Wir können alles möglich machen, wie wir das im Koalitionsvertrag vereinbart haben", betonte Scholz nach einem Treffen der EU-Finanzminister. Die Ausgaben für Verteidigung und Entwicklung würden gesteigert, und zusätzliche Spielräume würden prioritär dafür genutzt. Wolle man das Ziel eines ausgeglichenen Budgets verfolgen, könne man aber in der längeren Frist nur mit dem planen, "was wir heute errechnen können". Die Festlegung auf feste Quoten beurteilte der Finanzminister dabei skeptisch. "Das ist dann die Rückwärtsrechnung", betonte er. "Ich denke, wir rechnen lieber vorwärts."
Aussagen von US-Präsident Donald Trump, Deutschland habe beim Nato-Gipfel eine schnellere Steigerung der Verteidigungsausgaben zugesagt, bestätigte Scholz nicht. "Deutschland hat bei dem Nato-Gipfel das zugesagt, was Sie kennen", sagte er. "Die Bundesregierung hat geschildert, was ihre Perspektiven sind, und die sind ja sehr ambitioniert." Im gerade abgeschlossenen Budget 2018 und dem auf den Weg gebrachten Haushalt für 2019 seien substanzielle Steigerungen der Verteidigungsausgaben vorgesehen. Gleichzeitig habe Deutschland aber "auch noch ein paar andere Ziele" wie den sozialen Zusammenhalt, die Stabilisierung der Rente und Investitionen in Bildung.
Zuvor hatte bereits der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen (SPD), die Debatte über das Nato-Ziel von 2 Prozent Verteidigungsausgaben kritisiert. "Ich finde es auch ein bisschen merkwürdig, dass wir Milliarden bewegen für die Bundeswehr und überall der Eindruck entsteht, wir tun quasi nichts", sagte Annen im ARD-Morgenmagazin. Dies hänge damit zusammen, "dass wir eine sehr abstrakte Zielzahl haben von 2 Prozent", sagte Annen mit Blick auf das Ziel der Nato-Staaten, auf dem Trump besteht. "2 Prozent, das hilft uns eigentlich nicht weiter."
Der Streit um die Verteidigungsausgaben hatte den am Donnerstag zu Ende gegangenen Nato-Gipfel in Brüssel beherrscht, bei dem Trump harsche Kritik besonders an Deutschland übte. Die Nato-Staaten hatten 2014 beschlossen, sich bis 2024 mit ihren Militärausgaben in Richtung von zwei Prozent des BIP zu orientieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat als Ziel eine Steigerung auf 1,5 Prozent bis dahin ausgegeben. Die aktuellen Planungen liegen aber weit darunter. Die Nato-Quote soll nach Angaben aus dem Finanzministerium bis 2022 auf 1,23 Prozent von derzeit 1,24 Prozent sinken.
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July 13, 2018 09:13 ET (13:13 GMT)
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