Von Stefanie Haxel
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Aktie von Thyssenkrupp hat nach dem Rücktritt von Aufsichtsratschef Ulrich Lehner zum Höhenflug angesetzt. Eine aggressive Restrukturierung oder gar Zerschlagung des Technologiekonzerns, die Lehner stets abgelehnt hatte, ist nun wahrscheinlicher geworden. Die Thyssen-Aktie steigt am Dienstag um mehr 8 Prozent auf 22,26 Euro und ist damit mit Abstand der stärkste Wert im deutschen Leitindex DAX.
Eine Ausgliederung der Kronjuwelen, wie dem Aufzugsgeschäft, sei nun wahrscheinlicher, schreibt Jefferies-Analyst Seth Rosenfeld. Die Sparte steuert etwas weniger als die Hälfte zum Konzernergebnis bei. Würden ihre Gewinne aber genauso bewertet werden wie jene der spezialisierten Konkurrenten Kone oder Schindler, wäre das Aufzugsgeschäft mehr wert als derzeit der gesamte Konzern. Angesichts der Formulierung der Rücktrittsankündigung von Lehner sei klar, dass eine Aufsplittung diskutiert wird, so der Analyst.
Thyssenkrupp hatte am Vortag mitgeteilt, dass Lehner sein Amt als Vorsitzender des Aufsichtsrates zum Monatsende niederlegt und sich ganz aus dem Kontrollgremium zurückziehen will. Über eine Nachfolge werde der Aufsichtsrat "kurzfristig" einen Beschluss fassen.
Dissens für strategische Ausrichtung
Lehner begründete seinen Rücktritt damit, dass ein gemeinsames Verständnis im Aufsichtsrat über die strategische Ausrichtung des Unternehmens nicht mehr gegeben sei. Er wolle mit seinem Rücktritt die Diskussion der Aktionäre über die Zukunft von Thyssen ermöglichen. Erst vor gut einer Woche war Konzernchef Heinrich Hiesinger zurückgetreten, ebenfalls wegen unterschiedlicher Auffassungen über die künftige Ausrichtung. Inzwischen ist Finanzchef Guido Kerkhoff vorübergehend an die Spitze des Unternehmens vorgerückt.
Den Personalquerelen unmittelbar vorausgegangen war der Vertrag zwischen Thyssenkrupp und Tata Steel zur Fusion ihrer Stahlgeschäfte. Ende Juni erst brachte Hiesinger das Stahl-Joint-Venture nach langen Verhandlungen durch das Kontrollgremium, musste sich aber Kritik gefallen lassen, er habe die Sparte deutlich unter Wert abgegeben. Der schwedische Investor Cevian, der im Aufsichtsrat vertreten ist, stimmte gegen das Vorhaben.
Rückenwind für Cevian und Elliott
Wie auch der US-Hedgefonds Elliott fordert Cevian stattdessen eine Aufspaltung von Thyssenkrupp. "In einem integrierten Verbund von U-Booten, Stahlhandel und Aufzügen können wir, wie übrigens die meisten anderen Eigentümer, keinen industriellen Sinn erkennen", sagte Cevian-Gründungspartner Lars Förberg vor kurzem gegenüber der Wochenzeitung Zeit.
Die Thyssenkrupp-Großaktionärin Krupp-Stiftung sprach sich aber erst vergangene Woche gegen eine Zerschlagung aus. Sie sehe sich auch in Zukunft dem Willen ihres Stifters Alfred Krupp von Bohlen verpflichtet, die Einheit des Unternehmens möglichst zu wahren. Allerdings soll die Vorsitzende der Stiftung, Ursula Gather, einem Pressebericht zufolge mit dem finnischen Aufzugherstellers Kone eine mögliche Fusion der Aufzugssparten ausgelotet haben.
Das dürfte Cevian und Elliott, die zusammen rund 20 Prozent der Anteile halten, in ihrem Drängen auf eine stärkere Restrukturierung stärken, schreiben die Analysten von Jefferies. Die Stiftung, die heute 21 Proeznt der Anteile hält, wollte den Bericht nicht kommentieren.
(Mitarbeit: Thomas Leppert und Jürgen Hesse)
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July 17, 2018 05:53 ET (09:53 GMT)
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