Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Unternehmen in Deutschland haben immer größere Probleme, geeignete Bewerber für ihre Ausbildungsplätze zu finden. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) blieben in 34 Prozent der Betriebe Plätze unbesetzt. "Das ist der höchste jemals in unserer Ausbildungsumfrage ermittelte Wert", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Mehr und mehr Unternehmen erhielten gar keine Bewerbungen mehr - im vergangenen Jahr waren es hochgerechnet 17.000 Betriebe und damit 10 Prozent mehr als 2016.
"Ich sehe darin eine gefährliche Entwicklung", erklärte Schweitzer. "Deutschland gehen die Fachkräfte aus." Für die Firmen werde es immer schwerer, ihre Fachkräfte über die Ausbildung eigenen Nachwuchses zu sichern. Ganze Branchen könnten in der Folge "in schwieriges Fahrwasser geraten", warnte der DIHK-Präsident. "Fachkräftemangel gibt es nicht nur bei Lehrern, Erziehern und Pflegeberufen, sondern auch bei Mechatronikern, Fachinformatikern und Köchen."
Verschärft werde die Situation dadurch, dass sich die Baby-Boomer-Generation der Rente nähere, so dass künftig viele erfahrene Mitarbeiter in den Betrieben ersetzt werden müssten. "Viele Personalabteilungen stellen sich auf die große Welle ab dem Jahr 2020 ein", sagte Schweitzer. Er forderte deshalb eine "Trendumkehr". Es gelte, einen höheren Anteil der Schulabgänger für die berufliche Bildung zu gewinnen. "Die Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung muss deutlich in den Fokus gerückt werden", verlangte er.
An den Gymnasien solle es eine deutlich stärkere Berufsorientierung geben, und die Berufsschulen müssten gefördert und nicht länger "stiefmütterlich behandelt" werden. Vor allem gelte es, ihre digitale Infrastruktur zu verbessern. Laut der Umfrage, an der sich vom 23. April bis 13. Mai 10.335 Unternehmen beteiligten, sind IT-Kenntnisse der Jugendlichen künftig für 72 Prozent der Firmen ein wichtiges Einstellungskriterium.
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July 18, 2018 06:39 ET (10:39 GMT)
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