
BERLIN (Dow Jones)--Um Strafzölle auf Autos zu vermeiden, soll die EU mit den USA kommende Woche nach Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über breit gefasste oder sektorale Vereinbarungen sprechen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker werde bei seinem Besuch in Washington "Vorschläge machen, wie man in einen Gesprächsprozess kommen kann, um das abzuwenden", kündigte Merkel bei einer Pressekonferenz in Berlin an.
Alle Staaten der Europäischen Union (EU) stünden hinter ihm. Merkel forderte, Juncker solle in der US-Hauptstadt "die Dinge beim Namen nennen" und die Überzeugung der EU übermitteln, dass solche Zölle mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO nicht vereinbar seien und eine "viel breitere Auswirkung haben" könnten, als nur der EU zu schaden.
"Mit dieser klaren Position fährt Jean-Claude Juncker nach Amerika, um auch Möglichkeiten für Gespräche zu unterbreiten", erklärte Merkel und betonte: "Wir haben ja im Grunde zwei Reaktionsmöglichkeiten." Die EU könne entweder WTO-konform handeln und "eine breite Palette von Produkten in Gespräche" einbeziehen, oder sich "sektoral über Zöllen mit den Vereinigten Staaten von Amerika" befassen.
Merkel sieht Gefahr für Weltwirtschaft
In diesem Fall müsse man aber entsprechend dem WTO-Regime auch allen anderen Ländern, mit denen man im Autobereich handele, die gleichen Vergünstigungen geben. "Das sind die zwei möglichen Ansatzpunkte", konstatierte Merkel. "Jetzt wird man darüber reden, was ist möglich, in welchen Prozess können wir hineinkommen." Sollte dies zu keinem Ergebnis führen, werde sich die EU mit Gegenmaßnahmen beschäftigen. "Aber das ist die mit Abstand schlechtere Lösung", warnte Merkel.
Gerade an der Automobilindustrie sehe man, wie eng die globalen Wirtschaftsketten miteinander verflochten seien. Heute schon gebe es "erhebliche Zölle" der USA gegenüber China und auch Gegenmaßnahmen, und für Europa gebe es die Zölle auf Stahl und Aluminium. Das Erheben von Zöllen auf Autoexporte aus Amerika nach China bedeute "letztendlich für deutsche Unternehmen, dass sie in ihren Gewinnprognosen sich verändern müssen", hob Merkel hervor. Daran erkenne man die ganze Verflechtung.
Merkel verwies auch auf bereits jetzt erkennbare negative Folgen der von den USA angestoßenen Handelsauseinandersetzungen für die Weltwirtschaft. "Wir haben, was den Handel anbelangt, schon eine sehr ernste Situation auf der Welt", räumte die Kanzlerin ein. Man sei an einem Punkt, an dem Institutionen wie der Internationale Währungsfonds ihre Wachstumsprognosen senkten. "Wir sehen potenzielle Zölle in dem Bereich als Verstoß gegen WTO-Regeln, aber eben auch als eine wirkliche Gefahr für die Prosperität vieler in der Welt", erklärte sie. Deshalb sei Junckers Reise wichtig.
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July 20, 2018 07:25 ET (11:25 GMT)
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