Es kriselt, und wieder einmal sind als sicher geltende Staatsanleihen gesucht, zum Beispiel Bundesanleihen und US-Treasuries. Im Corporate-Bereich gibt es Neues von den Autobauern.
10. August 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Lage in der Türkei spitzt sich immer weiter zu, die Nervosität an den Märkten steigt. Befürchtet werden nun Auswirkungen auf europäischen Banken. "Die Financial Times berichtet, dass die EZB wegen der Geschäftsbeziehungen einiger Eurozonen-Banken besorgt ist, konkret der BBVA, UniCredit und BNP Paribas", meldet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank.
Sichere Staatsanleihen sind daher gefragt: So liegt der Euro-Bund-Future am Freitagmorgen bei 163,09 nach 161,88 Punkten vor einer Woche. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren wieder nur mit 0,34 Prozent nach 0,42 Prozent vergangenen Freitag.
Türkische Anleihen verlieren
Die türkische Lira ist heute auf neue Tiefs gefallen. Nach der Änderung des Notenbankgesetzes in der Türkei zweifelt der Markt an der Unabhängigkeit der Zentralbanker, gleichzeitig zieht die Inflation an, die Sorgen um die Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits steigen.
Türkische Anleihen bzw. solche in türkischen Lira sind unter Druck. "Wir konnten heute Morgen Verkaufsaufträge für türkische Staatsanleihen in Euro oder auch BBVA-Anleihen wegen fehlender Käufer nicht umsetzen", erklärt Daniel. Mittlerweile habe sich die Lage aber etwas beruhigt. Auch Papiere solider Schuldner wie KfW oder EIB in türkischen Lira haben stark an Wert verloren: So notiert eine bis 2020 laufende KfW-Anleihe in Lira mit Kupon von 9,25 Prozent (WKN A1SR83) aktuell nur noch bei 81,7 Prozent, was einer Rendite von 22,82 Prozent entspricht. Arthur Brunner von der ICF Bank hat in dieser Woche aber durchaus auch Käufe in türkischen Anleihen beobachtet. "So mancher setzt auf eine Gegenbewegung."
Eine Krise für die Eurozone sieht Carsten Hesse von der Berenberg Bank ohnehin nicht: So seien die deutschen Banken von der Türkei-Krise weniger betroffen als die Banken Spaniens, Frankreichs und Italiens. "Und alles in allem scheint die Belastung des Bankensystems der Eurozone zu gering zu sein, um eine größere Krise auszulösen", erklärte Hesse in einem Marktkommentar.
Rekordemission von Treasuries
In den USA kam eine rekordhohe Emission von zehnjährigen Treasuries im Volumen von 27 Milliarden US-Dollar gut an, wie Brunner beobachtet hat. "Das ist wohl den Unsicherheiten am Markt geschuldet, der die Nachfrage nach sicheren Häfen anschiebt."
Italien: vorerst Ruhe
Ein weiterer Unruheherd ist Italien. "Für Anleger dürften die nächsten Wochen mit Blick auf Italien turbulent werden", kommentiert Marco Wagner von der Commerzbank. Denn bei der laufenden Haushaltsplanung für 2019 werde sich zeigen, inwieweit die Regierungsparteien an ihren teuren Wahlversprechen festhalten würden und wie stark das Haushaltsdefizit steigen werde. "Dabei drohen beträchtliche Konflikte innerhalb der Regierung und mit der EU, was die Märkte in Unruhe versetzen könnte."
Im Anleihehandel ist Italien aber diese Woche nicht das große Thema. "Man hält im Moment die Füße still", meint Brunner. Die Rendite für zehnjährige italienische Staatsanleihen liegt am Freitagmittag bei 2,9 Prozent und damit in etwa auf dem Niveau der Vorwoche. Ende Mai bzw. Anfang Juni waren es zwischenzeitlich über 3 Prozent.
Interesse an UBM, Hochtief und Ferratum
Im Corporates-Bereich war Brunner zufolge die Hybridanleihe von UBM Development (A19W3Z) mit Zins von 5,5 Prozent weiter gut nachgefragt. Käufe hat der Händler auch in einer im Juli emittierten Hochtief-Anleihe mit Laufzeit bis 2015 und Kupon von 1,75 Prozent (WKN A2LQ5M) beobachtet sowie einem Papier von Ferratum Capital Germany mit Laufzeit bis 2022 und Kupon von 5,5 Prozent (WKN A2LQLF).
Neuemissionen von BMW und VW
Die deutschen Autobauer haben sich in dieser Woche frisches Geld am Markt geholt. Daniel berichtet von einer neuen BMW-Anleihe mit Laufzeit bis August 2028 und Kupon von 3,95 Prozent in US-Dollar (WKN A194Q2). Die Stückelung liegt bei 2.000 US-Dollar.
Außerdem ist VW Leasing mit drei Tranchen auf den Markt gekommen, wie Rainer Petz von Oddo Seydler erklärt: Die erste bietet 0,25 Prozent und läuft bis 2021 (WKN A2GSFR), die zweite 1 Prozent bis 2023 (WKN A2GSFS) und die dritte 1,625 Prozent bis 2025 (WKN A2GSFT). Mindestanlagebetrag sind 1.000 Euro. "Es geht einiges um in der längeren Laufzeit", meint Petz. "Ab 1,5 Prozent wird es für Privatanleger offenbar interessant." Auch Brunner zufolge ist die Nachfrage gut.PetzPetz
von: Anna-Maria Borse
10. August 2018, © Deutsche Börse AG
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