
BERLIN (Dow Jones)--Das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) hat angesichts des Auslaufens des Hilfsprogramms für Griechenland die Aussichten des Landes skeptisch beurteilt. "Griechenland hat seine Strukturkrise noch längst nicht überwunden und bleibt noch deutlich hinter seiner Wirtschaftskraft vor dem Ausbruch der Finanzkrise zurück", betonten die Krisenländer-Experten des IfW. Trotz eines Endes der 276 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramme sei es "fraglich, ob das Land die wirtschaftliche Trendwende schafft und seine Schulden wie geplant zurückzahlen kann".
Zwar signalisierten jüngste Wirtschaftsdaten eine Erholung der griechischen Wirtschaft - die Arbeitslosigkeit sinke, und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) lege zu. Griechenlands Probleme seien aber weniger konjunktureller als vielmehr struktureller Natur. "Trotz der im Vordergrund des öffentlichen Interesses stehenden Verschuldungsprobleme war die griechische Krise im Kern eine Strukturkrise, aber nach wie vor sind zahlreiche versprochene Strukturreformen nicht umgesetzt", monierte der Leiter des IfW-Bereichs Schwerpunktanalysen, Klaus Schrader.
In Standortrankings der Weltbank und des Weltwirtschaftsforums belege Griechenland von den EU-Ländern nur den vorletzten oder sogar letzten Platz. Für die Attraktivität des Standorts Griechenland für Investoren ergäben sich dadurch "große Fragezeichen", warnte Schrader. Auch die realwirtschaftliche Erholung Griechenlands sähen die Autoren deutlich kritischer als jüngste Verlautbarungen der Geldgeber. Trotz des für dieses Jahr erwarteten Wachstums in Höhe von knapp 2 Prozent gehöre Griechenland zu den wachstumsschwächeren EU-Volkswirtschaften.
Den Geldgebern rieten die Autoren der Studie dennoch zur Zurückhaltung. Die griechische Politik habe jetzt die Chance, in eigener Verantwortung den eingeleiteten Reformen "einen griechischen Stempel aufzudrücken". Die europäischen Partner sollten das Land der Bewertung durch die Märkte überlassen und sich mit der "latenten Bereitschaft" zu einem erneuten "Bailout" zurückhalten. "Sonst könnte die Vollendung der Rettung in griechischer Eigenregie schnell scheitern", warnte das IfW.
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August 17, 2018 08:57 ET (12:57 GMT)
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