Der notorisch schlechte Börsenmonat September stellt sich in diesem Jahr gar nicht so schlecht dar. Vorerst dürfte Analysten zufolge die Dynamik aber etwas abnehmen.
24. September 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach den deutlichen Kursgewinnen im DAX und neuen Rekordständen an der Wallstreet in der vergangenen Woche rechnen Analysten für den Beginn der neuen Woche überwiegend mit leichten Kursverlusten. Belasten könnte die am heutigen Montag in Kraft tretende drastische Verschärfung der US-Strafzölle auf Importe aus China. Die ursprünglich geplanten Gespräche der beiden Länder hatte China Medienberichten zufolge abgesagt.
Chris-Oliver Schickentanz, Chefanlagestratege der Commerzbank, rechnet für die neue Woche tendenziell mit einer etwas ruhigeren Gangart an den Börsen. "Mögliche positive Nachrichten bei den Themen Handelsstreit USA versus China sowie zu den Krisenwährungen könnten aber noch einmal für etwas Rückenwind bei den Aktienmärkten sorgen."
Claudia Windt von der Helaba hält die positive Stimmung ohnehin für überzogen. "Das Vertrauen der Markteilnehmer auf eine gütliche Lösung im transpazifischen Handelskonflikt ist von einer gewissen Sorglosigkeit gekennzeichnet", kommentiert Windt. Zudem werde das US-Wachstum, das ebenfalls zur Euphorie beigetragen hatte, im kommenden Jahr belastet - schon allein durch die schwindenden fiskalischen Effekte. In dieser Woche werde sich aber die Tendenz zu steigenden Aktien und Zinsen fortsetzen, da von den anstehenden Konjunkturdaten keine negativen Überraschungen drohten.
"Hemmschuhe wie Handelskrieg, Zinswende, Brexit-Debatte, römische Schuldenkrise oder Schwellenlandkrise sind entweder in Kursverlusten eingepreist oder haben an Dramatik eingebüßt", meint Robert Halver von der Baader Bank. Damit befänden sich die Aktienmärkte einerseits zwar im stabilen Gleichgewicht, andererseits würden aber erst Fortschritte bei der Bereinigung dieser Krisen für neue nachhaltige Aufwärtsimpulse sorgen. "Der Herbst wird zur Erkenntnisfindung deutlich beitragen."
Technisches Bild positiv
Laut Martin Utschneider von Donner & Reuschel waren die 12.125 Punkte in der vergangenen Woche der entscheidende Wegweiser für die mittelfristige Tendenz des DAX, zudem habe der MACD-Indikator ein klassisches Kaufsignal signalisiert. "Der Blick sowohl in den USA als auch beim DAX richtet sich wieder nach oben", erklärt der technische Analyst. Nach unten hin stelle die Marke von 12.125 Zählern nun eine gut fundierte Unterstützungslinie dar, nach oben hin biete das obere Bollinger-Band Platz bis 12.640 Punkte. Sowohl Trendfolger als auch kurzfristige Indikatoren deuteten zudem auf eine Fortsetzung der aktuellen Aufwärtsbewegung hin. "Der dreifache Hexensabbat am vergangenen Freitag konnte an der nun wieder vorherrschenden positiven Grundstimmung nichts ändern."
Vor vielen Hürden
Christian Schmidt von der Helaba zeigt sich skeptischer: So habe sich der Aufwärtsimpuls nochmals beschleunigt, nachdem der DAX eine Reihe wichtiger Widerstände wie beispielsweise die Strukturmarken bei 12.192 und 12.280 Zählern sowie die 21-Tagelinie überwunden hatte. Damit sei eine weitere, sehr markante Zone erreicht worden mit zum Beispiel einer Fibonacci-Ableitung, der 55-Tagelinie, der Begrenzung der Ichimoku-Wolke und der 100-Tagelinie. Allein durch die Menge an Widerständen werde deutlich, wie viele Hürden der DAX nehmen müsse, um sich nachhaltig zu befreien. "Dass dieses Vorhaben kurzfristig gelingen könnte, ist zweifelhaft."
In dieser Woche steht eine ganze Reihe wichtiger Termine an. Höhepunkt ist die US-Notenbanksitzung am Mittwoch inklusive der erwarteten Informationen über die weitere Leitzinsentwicklung. In Italien will die Regierung im Verlauf der Woche ihren Haushaltsentwurf für 2019 vorlegen. Am Markt wird derzeit auf eine relativ geringe Neuverschuldung gesetzt.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Montag, 24. September
Indexänderungen: Heute treten die beschlossenen Index-Änderungen in Kraft: Die Commerzbank steigt aus dem DAX in den MDAX ab und macht Platz für Wirecard. Außerdem enthält der MDAX nun 60 statt 50 Werte und der SDAX 70 statt 50. 13 der bisherigen TecDAX-Mitglieder sind künftig auch im MDAX zu finden, außerdem gehören die DAX-Mitglieder SAP, Infineon und die Deutsche Telekom nun auch dem TecDAX an.
Einen Überblick über alle Aufsteiger und Absteiger steht auf boerse-frankfurt.de
10.00 Uhr. Deutschland: ifo-Geschäftsklimaindex September.
Mittwoch, 26. September
20.00 Uhr. USA: Zinsentscheid der US-Notenbank. Am Markt wird fest von einer Anhebung der Leitzinsspanne auf 2 bis 2,25 Prozent ausgegangen. Eine weitere Leitzinsanhebung wird für die Sitzung Ende des Jahres erwartet, für das kommenden Jahr wird nun zunehmend über drei statt zwei Zinsanhebungen spekuliert.
Donnerstag, 27. September
14.00 Uhr. Deutschland: Verbraucherpreise September. Die DekaBank prognostiziert vor dem Hintergrund einer starken Verteuerung von Benzin, Diesel und Heizöl ein Plus von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
14.30 Uhr. USA: Auftragseingänge langlebige Güter August. Die Commerzbank weist darauf hin, dass die Investitionsbereitschaft der US-Unternehmen in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen hat. Die Aufträge für langlebige Güter insgesamt hätten sich aber wohl unspektakulär entwickelt. Die Analysten rechnen mit einem Anstieg um 0,5 Prozent gegenüber dem Vormonat.
Freitag, 28. September
11.00 Uhr. Eurozone. Verbraucherpreise September. Mit 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr ist die Inflationsrate nach Einschätzung der DekaBank auf das höchste Niveau seit Ende 2012 geklettert. Eine wichtige Triebfeder sei allerdings der höhere Ölpreis, demgegenüber habe der Preisauftrieb bei Lebensmitteln wahrscheinlich leicht abgenommen. Die Kerninflation sei mit 1 Prozent wohl unverändert niedrig geblieben.
von: Anna-Maria Borse
24. September 2018, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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