BERLIN (Dow Jones)--Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat seine Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum in diesem Jahr angesichts wachsender Verunsicherung gesenkt und die Regierung zu schnellerem Handeln aufgefordert. Der Verband rechnet nun mit einer Zunahme des Bruttoinlandsproduktes um 2,0 Prozent. Zuvor hatte der Verband 2,25 Prozent erwartet. Bei den Warenexporten gehe man nur noch von 3,5 Prozent realem Zuwachs statt zuvor erwarteter 5 Prozent aus, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf bei einer Pressekonferenz beim Tag der Deutschen Industrie.
Kempf warnte, Deutschland müsse sich "auf den Abschwung der Konjunktur gefasst machen". Zwar laufe im neunten Jahr des Aufschwungs der Jobmotor weiter gut, und es sei "möglich, dass der Rekordsommer der Konjunktur weiter andauert", sagte Kempf. Man müsse aber jetzt vorsorgen. "Außenwirtschaftliche Risiken gibt es zuhauf", erklärte Kempf die Abwärtsrevision. Die Regierung solle "auf diese Vorzeichen" dringend reagieren. "Die Industrie wartet ungeduldig auf Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, vor allem in der Steuer-, Digitalisierungs- und Energiepolitik."
Die Hochphase der weltwirtschaftlichen Erholung sei vorbei. "Die Investitionstätigkeit hat sich abgeflacht", so Kempf. Die deutsche Exportstärke werde immer mehr bedroht. Für deutsche Unternehmen entstünden Risiken mit fast jeder protektionistischen Maßnahme - selbst wenn sie sich von den USA gegen China richte. Die Regierung sah er "im permanenten Selbstgespräche-Modus" und forderte: "Wir brauchen mehr Tempo in der Politik."
In der Steuerpolitik warf der BDI-Präsident der Bundesregierung Tatenlosigkeit vor. "Das grenzt fast schon an unterlassene Hilfeleistung", sagte Kempf. Deutschland entwickle sich vom Hoch- zum Höchststeuerland, während andernorts die steuerlichen Rahmenbedingungen verbessert würden. Kempf verlangte mehr Ehrgeiz bei der Abschaffung des Solidaritätszuschlags. "Wir fordern noch in dieser Legislaturperiode für alle Unternehmen den Einstieg in den Ausstieg aus dem Soli." Ein Lichtblick sei die steuerliche Forschungs- und Entwicklungsförderung zum 1. Januar 2020.
Der BDI-Präsident nannte den Netzausbau als Grundvoraussetzung für die Digitalisierung. Bis 2025 müssten "Gigabit-Infrastrukturen im Fest- und Mobilfunknetz für alle Unternehmen, privaten Haushalte und entlang der Verkehrswege verfügbar sein", verlangte Kempf. Beim Thema 5G dürfe es nicht zu Verzögerungen bei der Frequenzversteigerung kommen. In der Energie- und Klimapolitik warnte der BDI-Präsident zudem vor einem dramatischen Rückstand im Netzausbau und einem kontinuierlichen Anstieg der Stromkosten.
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September 25, 2018 03:26 ET (07:26 GMT)
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