Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die US-Notenbank strafft ihre Geldpolitik nach Meinung einer Gruppe von US-Ökonomen zu schnell. Bei einer Forschungskonferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) sagte Olivier Coibion von der University of Texas in Austin, die Fed betreibe ihre Geldpolitik in der irrigen Annahme, dass die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten bereits voll ausgelastet seien. Diese Annahme beruhe aber auf der Verwendung fehlerhafter Modelle zur Schätzung des Produktionspotenzials.
Laut Coibion werden diese Schätzungen zu stark von den Schwankungen der tatsächlichen gesamtwirtschaftlichen Produktion beeinflusst. Dabei werde aber nicht hinreichend unterschieden zwischen den beiden möglichen Ursachen des Wachstumsschocks. Sind sie vor allem nachfragegetrieben, sind sie als vorübergehend zu betrachten, und ihr Einfluss auf das Produktionspotenzial zu vernachlässigen. Sind sie dagegen angebotsseitig, haben sie längerfristige Auswirkungen für das Produktionspotenzial.
Coibion wies darauf hin, dass das Haushaltsbüro des Kongresses (CBO) seine Schätzungen der Potenzialrate in den Jahren nach der Finanzkrise und der Großen Rezession permanent nach unten revidiert habe. Das habe zu dem irrigen Eindruck beigetragen, dass die Kapazitäten nun ausgelastet seien.
Modelle wie das von Blanchard und Quah (1989) vorgeschlagene trennten dagegen zwischen nachfrage- und angebotsseitigen Faktoren. "Sie legen nahe, dass das gegenwärtige Bruttoinlandsprodukt der USA deutlich niedriger ist als das langfristige Potenzial und dass die Wirtschaft weiterhin eine kräftige Unterstützung von Geld- und Finanzpolitik braucht", heißt es in der Arbeit ("The Cyclical Sensitivity in Estimates of Potential Output"). Verfasst haben sie neben Coibion Yuriy Gorodnichenko und Maurico Ulate von der University of California (Berkley).
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September 25, 2018 04:17 ET (08:17 GMT)
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