Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet harte Verhandlungswochen zum Brexit. Die Zeit könnte knapp werden, sollten die Festlegungen zu den künftigen Beziehungen zu allgemein ausfallen, warnte die Kanzlerin in Berlin. "Wir kommen jetzt im Herbst in die entscheidende Phase", sagte Merkel beim Tag der Deutschen Industrie. Es lägen nun "sechs (bis) acht Wochen härtester Arbeit vor uns, in denen wir politische Entscheidungen fällen müssen".
Bei einem Sonderratstreffen der EU wahrscheinlich im November müsse einerseits das Austrittsabkommen finalisiert werden, was auch "vielleicht schon im Oktober" geschehen könne - es müssten aber auch möglichst konkret die zukünftigen Beziehungen mit Großbritannien formuliert werden. Sei die entsprechende politische Deklaration zu allgemein, dann könne die Übergangszeit "schnell zu kurz werden", um ein Abkommen zu schließen, warnte Merkel.
Eine solche Vereinbarung müsse "nach Maßgabe der Dinge ein sehr, sehr intensives Freihandelsabkommen" sein. "Wesentlich hängt es natürlich auch davon ab, was Großbritannien wirklich möchte", betonte sie. Die Diskussion dazu sei "ja nicht so ganz eindeutig". Auf jeden Fall könne man nicht zum Binnenmarkt gehören, "wenn man in einem Teil nur zum Binnenmarkt gehören will, aber in drei anderen Teilen nicht", machte sie erneut klar. "Da müssen wir vernünftige Wege finden."
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, forderte in seiner Rede bei der Wirtschaftstagung, in den nächsten Wochen müsse "der Durchbruch zu einem Abkommen über den Austritt gelingen" - denn daran hänge die Übergangsfrist, die bis zu Ende des Jahres 2020 Rechtssicherheit für die Unternehmen schaffe. "Selbst diese Zeit wird kaum ausreichen, um ein Freihandelsabkommen, wie es sich das Vereinigte Königreich vorstellt, auszuhandeln", warnte auch Kempf.
Zudem stellte er fest, dass die Stimmen für einen möglichen Rückzieher vom Brexit sich mehrten. "Das spüren wir nicht nur aus der Wirtschaft." BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang verwies bei einer Pressekonferenz darauf, dass die negativen Folgen des Brexit zunehmend in Großbritannien deutlich würden. "Seit 2016 haben wir nur noch Rückgänge im Exportgeschäft mit Großbritannien", sagte er. Der Druck werde immer weiter zunehmen. "Die Realität frisst sich durch", konstatierte Lang.
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September 25, 2018 06:22 ET (10:22 GMT)
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