Union und SPD wollen die Zuwanderung von Fachkräften neu regeln. Dabei sollte es bei ihrem Spitzentreffen am Montagabend im Kanzleramt auch um bestimmte bereits ins Land gekommene Migranten gehen. Einig sei man sich, "dass wir nicht die Falschen abschieben dürfen", sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Berlin. CSU-Chef Horst Seehofer sagte vor einem Spitzentreffen der Koalition am Abend in Berlin, er habe mit Heil "eine Grundlage" für das Treffen erarbeitet.
Im Kern geht es bei dem geplanten Fachkräfteeinwanderungsgesetz darum, dass Deutschland für qualifizierte internationale Fachkräfte attraktiver wird. Das Gesetz soll deren Zuzug ordnen und steuern. Bedarf und Qualifikation sollen zentrale Kriterien sein. Abschlüsse sollen schneller anerkannt werden, Deutschlernen soll bereits im Ausland erleichtert werden. Nachdem zunächst ein Beschluss im Kabinett für September erwartet war, ist nun der Oktober anvisiert.
Streit gab es um den von der SPD geforderten Spurwechsel für abgelehnte, aber gut integrierte Asylbewerber. Die Sozialdemokraten wollen, dass sie nach dem neuen Zuwanderungsrecht in Deutschland bleiben können. Vor allem die CSU lehnte das strikt ab, damit Wirtschaftsflüchtlinge nicht zur Einreise ermuntert werden.
Seehofer sagte vor einer CSU-Vorstandssitzung in München, er sei sich mit Heil einig, dass es keinen Spurwechsel für alle abgelehnten Asylbewerber in den Arbeitsmarkt geben solle. Bei der mit Heil erarbeiteten Grundlage sei ein Spurwechsel in diesem Sinne nicht mit dabei.
Anders umgehen will Seehofer allerdings mit Ausländern, die ausreisepflichtig, aber geduldet sind - etwa weil in deren Herkunftsland Folter ausgeübt wird. "Wenn nicht ausgewiesen werden kann aufgrund zwingender Gründe, und zwar von Gründen, die nicht in der Person des Asylbewerbers liegen, dann sagen doch die Menschen, bevor sie hier rumsitzen, lasst sie arbeiten." Das sei seit langer, langer Zeit auch seine Position. Aber das sei kein Spurwechsel. "Wer abgelehnt ist und ausreisepflichtig ist, sollte auch ausreisen." Geduldete Asylbewerber dürfen unter bestimmten Bedingungen allerdings auch heute schon arbeiten.
Heil sagte: "Einig sind wir uns, dass es pragmatische Lösungen geben muss für Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus, die die deutsche Sprache können und in den deutschen Arbeitsmarkt integriert sind." Diese Menschen müssten bleiben können. "Viele nennen das "Spurwechsel". Mir ist aber nicht wichtig, wie die CSU das nennt, sondern, dass wir das Richtige tun." In diesem Sinne erwarte er, "dass wir uns heute Abend auf ein vernünftiges Fachkräfteeinwanderungsgesetz einigen".
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte: "Es kann keine Vermischung geben zwischen Asyl und Arbeitskräftemigration geben, das sind unterschiedliche Situationen." Es gehe darum, "dass wir auch Arbeitsperspektiven für die schaffen, die ein Bleiberecht in Deutschland haben".
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sprach sich für eine Stichtagsregelung für abgelehnte Asylbewerber aus, die auf dem Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben. "Den Menschen, die hart arbeiten, um ihren Beitrag für unsere Gesellschaft zu leisten, die sich mit unseren Werten identifizieren und sich nichts zuschulden kommen lassen, darf man nicht den Stuhl vor die Tür stellen", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag).
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, sagte: "Wir Arbeitgeber erwarten keine Randdiskussionen über sogenannte Spurwechsel oder Stichtagswirren." Es gehe vielmehr um ein unbürokratisches Zuwanderungsrecht für die Betriebe. "Die Aufnahme von Menschen in Not aus humanitären Gründen darf nicht mit der benötigten Fachkräftezuwanderung nach Bedarf vermischt werden."/bw/hrz/ctt/had/DP/he
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