
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) ist nach Einschätzung des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) mit ihrem Beschluss, die Zentralbanken des Eurosystems Staatsanleihen ankaufen zu lassen, nicht über ihr Mandat hinausgegangen und hat auch nicht gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung verstoßen.
Generalanwalt Melchior Wathelet schlug dem deutschen Bundesverfassungsgericht am Donnerstag vor, zu entscheiden, dass der Beschluss der EZB über ein Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten gültig ist.
Sein förmliches Urteil zur Anfrage des Bundesverfassungsgerichts wird der EuGH zu einem späteren Zeitpunkt fällen. Im allgemeinen folgt das Gericht aber dem Schlussantrag des Generalanwalts. Gegen die Beteiligung der Bundesbank am Staatsanleihekaufprogramm (PSPP) hatten mehrere Gruppen von Privatpersonen Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Zudem hatten sie der Bundesregierung und den Bundestag im Hinblick auf das PSPP Untätigkeit vorgeworfen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte erklärt, falls der Beschluss der EZB zum PSPP gegen das Verbot der monetären Finanzierung verstoße oder über das Mandat der EZB hinausgehe, müsse es eine offensichtliche und strukturell bedeutsame Überschreitung der Kompetenzen der EZB feststellen und folglich den Anträgen des Ausgangsverfahrens stattgeben. Dies gelte auch, falls eine sich aus diesem Beschluss ergebende Verlustverteilung das Budgetrecht des Deutschen Bundestages beeinträchtige. Unter diesen Umständen hatte das Bundesverfassungsgericht beschlossen, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.
Diese dürfte nun angesichts des Schlussantrags von Wathelet zugunsten der EZB ausfallen. Wathelet schlägt dem EuGH nämlich vor, dem Bundesverfassungsgericht zu antworten, dass die Prüfung nichts ergeben habe, was die Gültigkeit des EZB-Beschlusses beeinträchtigen könnte. Wathelet sieht im PSPP weder einen Verstoß gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung, noch einen Anreiz für eine ungesunde Haushaltspolitik der Staaten, noch hält er Umfang oder Dauer für übertrieben.
Wathelet weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Obergrenzen des PSPP hin. So dürften die Zentralbanken nicht mehr als 33 Prozent einer Anleiheemission besitzen und auch nicht mehr als 33 Prozent der Anleihen eines Staats.
Die Zentralbanken des Eurosystems - das sind die nationalen Zentralbanken des Euroraums und die EZB selbst - haben seit 2015 Wertpapiere für rund 2.600 Milliarden Euro zu geldpolitischen Zwecken erworben. Neben öffentlichen Anleihen, die die Zentralbanken nur von ihrem eigenen Staat und entsprechend dem Anteil am EZB-Kapital kaufen, handelt es sich dabei um Unternehmensanleihen, Covered Bonds und Verbriefungen. 2019 sollen die Wertpapierbestände nicht mehr erhöht werden, derzeit wachsen sie noch um monatlich 15 Milliarden Euro.
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October 04, 2018 05:25 ET (09:25 GMT)
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