Bundesanleihen profitieren vom Einbruch an den Aktienmärkten nur moderat. Italien verspielt Anlegervertrauen und muss für Kapitalmarkt-Kredite tiefer in die Tasche greifen.
12. Oktober 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die fallenden Aktienpreise wirken sich bislang kaum auf den Anleihemarkt aus. Händler beschreiben die Reaktionen an den Rentenmärkten als überschaubar. Als sicher geltende zehnjährige Bundesanleihen rentierten beispielsweise nach wie vor oberhalb von 0,5 Prozent. Der richtungsweisende Euro-Bund-Future gewann seit Wochenbeginn von 157,55 auf 158,18 Prozent nur leicht hinzu.
Neben der Mischung aus steigenden Zinsen, nach unten korrigierten Konjunkturerwartungen und dem Handelskonflikt sorgen sich Investoren um die Wiederauflage der Schuldenthematik im Euroraum. In Italien übe sich die Regierung in einem Tauziehen mit Brüssel und den Märkten um den Haushalt, was die Renditen zehnjähriger italienischer Staatspapiere in dieser Woche zwischenzeitlich auf 3,70 Prozent nach oben zog. Für eine Neuemission in Höhe von 6,5 Milliarden Euro müsse Rom mit 3,6 Prozent für Papiere in dem Laufzeitband bereits tiefer in die Tasche greifen, um Interessenten zu gewinnen.
"Die Regierung ist in jedem Fall auf dem besten Weg, ihre Glaubwürdigkeit an den Finanzmärkten zu verspielen", beschreibt Cyrus de la Rubia von der HSH Nordbank, der Finanzminister Giovanni Tria mangelndes Durchsetzungsvermögen innerhalb der Regierung attestiert.
Italien benötigt künftig viel Geld
Der 2,3 Billionen Euro schwere Schuldenberg Italiens summiere sich bereits auf 131 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Neben der Refinanzierung fälliger Anleihen im Volumen von mindestens 300 Milliarden Euro im kommenden Jahr müsse die italienische Regierung die geplante Neuverschuldung in Höhe von 2,4 Prozent des BIP stemmen. Diese basiert nach Auffassung von de la Rubia außerdem auf unrealistischen Wachstumsprognosen. Der eigentliche Finanzbedarf sei vermutlich deutlich höher. Flossbach von Storch schätzt die künftige Neuverschuldung Italiens auf 2,5 bis 3,5 Prozent des BIP. Dies entspreche jährlich 45 bis 63 Milliarden Euro, die sich das Land zusätzlich am Kapitalmarkt beschaffen wolle.
Rechnung ohne den Wirt
Mit seinem Schuldenhaushalt hoffe man in Rom zwar, die Wirtschaft ankurbeln zu können, vergisst aber nach Ansicht von Klaus Stopp offenbar die Kapitalmärkte. "Dort werden nämlich italienische Staatsanleihen als Reaktion auf das hohe Budgetdefizit abgestoßen", erinnert der Rentenexperte der Baader Bank. Sollten die großen Ratingagenturen Moody's und S&P Ende des Monats die Kreditwürdigkeit Italiens überprüfen, drohe vermutlich eine schlechtere Note und in Folge noch höhere Zinsen. Damit setze sich ein doom loop -spricht ein Teufelskreis - in Bewegung.
Eine Herabstufung der Bonität träfe auch italienische Banken. Mit heimischen Staatsanleihen im Volumen von 387 Milliarden Euro in den Büchern müssten die Geldhäuser aller Voraussicht nach Wertber ichtigungen vornehmen. Auch setzen die Banken Staatsanleihen bei der Europäischen Zentralbank als Sicherheiten ein. Dem könne ein schlechteres Investment-Grade aufgrund bestehender EZB-Regeln womöglich einen Riegel vorschieben.
LeasePlan-Bond gefragt
Auch Unternehmensanleihen profitieren nach Meinung von Gregor Daniel von der Unsicherheit am Markt kaum. Der Händler der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank spricht von tendenziellen Abflüssen. "So mancher Anleger nutzt die günstigen Aktienkurse vielleicht zum Einstieg", vermutete Daniel.
Zu den meist gehandelten Werten auf der Kaufseite gehöre eine bis 2022 laufende, 750 Millionen Euro schwere LeasePlan Corporation-Anleihe (WKN A19P23) mit einem Kupon von 0,75 Prozent. Moody's bewertet die Bonität des Bonds mit Baa1. Gleichzeitig gehe in einer im Februar 2021 fälligen Sixt Leasing-Anleihe (WKN A2DADR) mit einem Kupon von 1,125 Prozent auf beiden Seiten einiges um.
Volkswagen sammelt 2,65 Milliarde Euro ein
Mittels drei neuen Bonds refinanziert sich der VW-Konzern erfolgreich über den Kapitalmarkt und spricht Daniel zufolge mit einer Stückelung von 1.000 Euro auch Privatanleger an. Eine sechsjährige Anleihe der Wolfsburger (WKN A2LQ6C) im Volumen von 750 Millionen Euro und einem jährlichen Zins von 2,25 Prozent ist ab heute in Frankfurt handelbar. Für einen bis 2020 laufenden, eine Milliarde Euro schweren Bond (WKN A2LQ6A) zahlt VW 0,25 Prozent Zinsen per Annum. Ein in 2023 fälliger Wert (WKN A2LQ6B) spülte dem Autobauer für einen Kupon von 1,375 Prozent jährlich 850 Millionen Euro in die Kassen.
Von: Iris Merker 12. Oktober 2018, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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