Während Bundesanleihen wegen der Unsicherheiten um Italien wieder gefragt sind und die Zinsen fallen, steigen US-Renditen immer weiter. Der Zinsabstand zwischen den USA und Deutschland ist mittlerweile so hoch wie zuletzt in den 1990er Jahren.
19. Oktober 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Italienkrise, die ungeklärte Situation um den Brexit und die Handelskonflikte beunruhigen die Märkte: "Vor allem Nachranganleihen, Bankanleihen und alles Hochverzinsliche ist unter Druck", berichtet Rainer Petz von Oddo Seydler. "Es ist wieder Sicherheit gefragt", ergänzt Arthur Brunner von der ICF Bank.
Empörung über Italiener Auslöser sind vor allem die Ausgabepläne der neuen italienischen Regierung. Vertreter der Europäischen Kommission haben sich mit deutlichen Worten gegen den italienischen Haushaltsentwurf gestellt, dieser sei eine "offensichtliche erhebliche Abweichung" von den EU-Vorschriften. Eine solche Abweichung sei beispiellos in der Geschichte des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, hieß es.
Die Rendite für zehnjährige italienische Anleihen liegt mittlerweile bei 3,75 Prozent, das ist eine Verdopplung gegenüber dem Mai, als es noch 1,76 Prozent waren. "Der Renditeanstand zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen ist auf dem höchsten Stand seit 2013", bemerkt Brunner.
Am kommenden Freitag, den 26. Oktober, wird die Rating-Agentur S&P die aktualisierte Beurteilung von Italien veröffentlichen, eventuell auch Moody's. "Beide werden ihr Rating zumindest um eine Stufe senken", erklärt Markus Koch von der Commerzbank.
Bundesanleihen wieder gefragt
Der Euro-Bund-Future, der mit den steigenden Zinsen in den USA im September deutlich verloren hatte, hat durch die Unruhe am Markt wieder aufgeholt und liegt am Freitagmittag bei 159,82 Punkten nach 157,61 vor zwei Wochen. Zehnjährige Bundesanleihen werfen wieder nur 0,41 Prozent ab nach damals 0,57 Prozent.
Am nächsten Donnerstag kommt der EZB-Rat zusammen. Am Markt geht man davon aus, dass die Notenbanker abermals das Auslaufen der Nettoanleihekäufe zum Jahresende avisieren werden. "Formale Beschlüsse erwarten wir aber eher im Dezember", erklärt Michael Schubert von der Commerzbank. Das jetzige Treffen diene mehr der Vorbereitung. Diskutiert würden wohl die Reinvestitionspolitik, die Handelskonflikte sowie die Lage in Italien.
Fed weiter auf Normalisierungskurs
In den USA steigen die Zinsen unterdessen weiter, die US-Renditen halten sich deutlich über 3 Prozent, aktuell sind es 3,17 Prozent. Der Renditeunterschied zwischen deutschen und amerikanischen Staatsanleihen mit Laufzeit von zehn Jahren erreichte mit 2,75 Prozent den höchsten Stand seit den 1990er Jahren, wie Brunner feststellt.
Im Mittwoch war das Protokoll der letzten Fed-Sitzung veröffentlicht worden. Grundsätzlich halten die FOMC-Mitglieder weitere graduelle Zinserhöhungen für angemessen. Für Aufregung sorgte aber, dass einige Sitzungsteilnehmer der Ansicht waren, dass die Geldpolitik für eine gewisse Zeit mäßig restriktiv werden müsse - der Leitzins also über den geschätzten langfristigen Gleichgewichtswert angehoben werden müsse.
US-Bonds für Anleger attraktiv
Die viel höheren Zinsen in den USA lassen Anleger zu US-Dollar-Papieren greifen, wie Brunner beobachtet. Gesucht ist zum Beispiel eine bis 2021 laufende US-Staatsanleihe (WKN A18YAS), die zuletzt eine Rendite von 2,95 Prozent abwarf. "Das ist für Anleger natürlich attraktiv, jedenfalls wenn sie mit einem US-Dollar-Anstieg rechnen."
Die deutliche Erholung der türkischen Lira zu Euro und US-Dollar hat zudem zum Verkauf von Fremdwährungsanleihen geführt, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank berichtet, zum Beispiel bei einer auf türkische Lira lautenden Anleihe der International Bank for Reconstruction and Development mit Kupon von 10 Prozent und Fälligkeit im März 2020 (WKN A19EAH).
Lieber nichts Riskantes
Eher abgestoßen werden aufgrund der Unsicherheiten Hybridanleihen, wie die Händler feststellen, etwa die der Autohersteller. Ein "verhaltenes" Kaufinteresse an der neuen VW-Anleihe mit Laufzeit bis 2026 und Kupon von 2,25 Prozent (WKN A2LQ6C) meldet Daniel. Vergangene Woche hatte Volkswagen Financial Services drei neue Anleihen auf den Markt gebracht: neben der genannten noch eine bis 2020 laufende mit 0,25 Prozent (WKN A2LQ6A) und eine 2023 fällige mit Kupon von 1,375 Prozent (WKN A2LQ6B).
Zu einem deutlichen Kursanstieg der Hema-Anleihe (WKN A19LWX) führte Daniel zufolge die Nachricht, dass die Beteiligungsgesellschafft Lion Capital den niederländischen Einzelhändler an Marcel Boekhoorn und seinen Investmentfond Ramphastos verkaufen wird. Hema, schon 1926 gegründet, bietet neben Bekleidung auch Deko-Artikel, Kosmetik und Lebensmittel an.
Vom kommenden Dienstag bis zum Donnerstag, d.h. 23. bis 25. Oktober, kann im Übrigen eine neue Anleihe des Autozulieferers Paragon (WKN A2NBZK) gezeichnet werden, die im Scale-Segment gehandelt werden soll. Die Anleihe im Volumen von 50 Millionen Euro läuft bis Oktober 2023, die Kuponspanne beträgt 4,25 bis 4,75 Prozent.
Vom 22. bis zum 26. Oktober, also bis zum kommenden Freitag, läuft die Zeichnungsfrist für eine neue Anleihe der DEAG Deutsche Entertainment über 25 Millionen Euro mit Fälligkeit im Oktober 2023 und Kuponspanne von 5,25 bis 6 Prozent (WKN A2NBF2). Diese Anleihe kann auch über die Frankfurter Börse gezeichnet werden. Die Mindestanlagesumme liegt in beiden Fällen bei 1.000 Euro.
Von: Anna-Maria Borse 19. Oktober 2018, © Deutsche Börse AG
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