Von Emre Peker
BRÜSSEL (Dow Jones)--Die USA und die EU wollen die Gunst der Stunde nutzen und im transatlantischen Handelsstreit nach dem Waffenstillstand vom Juli eine schnelle Lösung finden. Das Problem ist allerdings: Selbst offenbar einfache Handelsübereinkünfte brauchen Jahre, bis die Details ausgetüftelt sind.
Im Prinzip hatten US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei ihrem Treffen im Weißen Haus Ende Juli den Handelsstreit beerdigt. Sie wollten in Richtung von "null Zöllen, null nicht-tarifären Handelsbarrieren und null Subventionen" für alle Industriegüter bis auf Autos hinarbeiten.
US-Vertreter warnen Brüssel vor Trumps Ungeduld
Diese Woche treffen sich die Handelsexperten beider Seiten. Manche US-Politiker posaunen bereits groß heraus, dass die EU die Geduld des launischen Trumps nicht mit Verzögerungen zu arg strapazieren solle. Der Präsident wolle schnelle Verhandlungen mit greifbaren Ergebnissen, betont US-Handelsminister Wilbur Ross. Das Ganze sei nicht als Fünf-Jahres-Projekt angelegt.
Nunmehr konzentrieren sich die Unterhändler - nach Rückschlägen bei einer Reihe von Mini-Handelsübereinkünften - darauf, die US- und EU-Regulierungen für Güter und Dienstleistungen einander anzupassen. US-Handelsrepräsentant Robert Lighthizer hofft darauf, technische Barrieren einebnen zu können. Im Juli hatte das Treffen im Weißen Haus die Drohung von US-Strafzöllen auf Importwagen von der Agenda genommen. Die EU hofft jetzt besonders auf fruchtbare Gespräche bei der Regulierung von Autos.
Hoffnung auf Einebnung unterschiedlicher Standards
Es winkten laut Experten dank einer besseren Koordinierung massive Kosteneinsparungen auf beiden Seiten, sofern minimal abweichende Standards aufeinander abgestimmt würden. Eine EU-finanzierte Analyse von vor zehn Jahren hatte ergeben, dass sich jedes Jahr mehr als 200 Milliarden US-Dollar einsparen ließen, indem Duplizitäten bei den Standards eliminiert würden.
Inzwischen hätten sich die Barrieren aber sogar noch verschärft, klagen Industrie-Vertreter. Es ist schwer den Preis einer Regulierung abzuschätzen, da sie so verschiedene Elemente wie Tests, Inspektionen oder auch rechtliche Analysen umfasst. Zum Vergleich: Im Schnitt betragen die transatlantischen Zölle weniger als 3 Prozent auf einen jährlichen Handel von mehr als 1 Billion Dollar bei Gütern und Dienstleistungen - oder rund 30 Milliarden Dollar.
Chemie-Branche als warnendes Beispiel
Der Prozess einer Harmonisierung kann lange Zeit in Anspruch nehmen. So verzichteten Chemie-Konzerne auf beiden Seiten des Atlantiks vor langer Zeit auf eine Harmonisierung der Regulierungen. Inzwischen geht es ihnen nur noch darum, die Klassifikation und die Labels der Chemieprodukte zu vereinheitlichen. Die neuen Labels für das gleiche Produkt auf zwei verschiedenen Märkten kosten jedes Jahr mehrere Milliarden Dollar. Laut Schätzungen des Weißen Hauses ist diese Prozedur für US-Chemieexporteure mit rund 475 Millionen Dollar Kosten verbunden.
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October 22, 2018 07:25 ET (11:25 GMT)
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