Vor dem Afrika-Gipfel in Berlin hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu stärkerem wirtschaftlichem Engagement auf dem Nachbarkontinent Europas aufgerufen. Vor allem für junge Menschen müssten die Lebensperspektiven in ihren Heimatländern verbessert werden, damit sie sich nicht auf den Weg nach Europa machen, sagte Steinmeier laut vorab verbreitetem Redetext am Montag bei einem Abendessen für die Gipfelteilnehmer im Schloss Bellevue. "Europa kann sich nicht als Festung abschotten. Für die afrikanischen Länder kann es aber auch keine Lösung sein, wenn Menschen in großer Zahl und auf lebensgefährlichen Wegen den Kontinent verlassen, um in Europa Arbeit und ein besseres Leben zu finden."
Am Dienstag kommen elf afrikanische Staats- und Regierungschefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie dem österreichischen Regierungschef und EU-Ratspräsidenten Sebastian Kurz zu einem Gipfeltreffen zusammen, bei dem es um die Förderung privater Investitionen in Afrika gehen soll. Merkel hatte dazu im vergangenen Jahr während der deutschen G20-Präsidentschaft eine Initiative gestartet. Jetzt soll eine erste Zwischenbilanz gezogen werden.
Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) kündigte an, mit drei weiteren afrikanischen Ländern Gespräche über eine Reformpartnerschaft aufzunehmen: Äthiopien, Marokko und Senegal. Diese Staaten sollen zusätzliche Fördermittel erhalten, wenn sie bestimmte Reformen umsetzen. Solche Partnerschaften gibt es bereits seit vergangenem Jahr mit Tunesien, Ghana und der Elfenbeinküste. Sie stünden für eine Neuausrichtung der deutschen Entwicklungspolitik. "Wir setzen auf Privatinvestitionen, Berufsbildung und Beschäftigung, damit Afrikas Jugend eine Zukunft in Afrika hat."
Von Entwicklungsorganisationen wie ONE kommt aber auch Kritik an der Strategie. Der deutsche Direktor von ONE, Stephan Exo-Kreischer, findet das Vorgehen zu einseitig. "Ausländische Direktinvestitionen reduzieren nicht automatisch Armut, und wir haben wenig Grund zu glauben, dass sie allein zu breitenwirksamem Wachstum führen werden." Dafür müssten Institutionen und Rechtsstaatlichkeit gestärkt und Investitionen in Gesundheit und Bildung erhöht werden.
An dem Gipfel nimmt auch der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi teil, der am Montag bereits von Steinmeier empfangen wurde. Amnesty International demonstrierte vor dem Brandenburger Tor gegen die Menschenrechtspolitik des autoritär regierenden ägyptischen Staatschefs. Die Organisation appellierte an die Bundesregierung, "die systematischen Menschenrechtsverletzungen durch die ägyptischen Behörden deutlich anzusprechen und ein Ende der massiven Unterdrückung der ägyptischen Zivilgesellschaft einzufordern".
Amnesty wirft der ägyptischen Regierung vor, in den vergangenen Jahren Zehntausende Menschen willkürlich inhaftiert zu haben. Misshandlung und Folter in der Haft seien an der Tagesordnung. Al-Sisi trifft Merkel auch zu einem Einzelgespräch, anschließend ist eine Pressekonferenz geplant./mfi/DP/he
AXC0271 2018-10-29/19:05