Die Papenburger Meyer Werft kämpft mit ihren Terminen: Ein genauer Ablieferungstermin für das jüngste Schiff, die "AIDAnova", könne derzeit nicht genannt werden, sagte ein Unternehmenssprecher am Donnerstag. Im Moment stehe noch der 2. Dezember als Start der Jungfernfahrt. Neben einem Kabinenbrand sei es zu Verzögerungen im Innenausbau gekommen. Die "Neue Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) zitierte aus einer internen Mitarbeiterzeitschrift der Werft, in der Thomas Weigend, Mitglied der Geschäftsführung, schreibt: "Bei allen Schiffprojekten und Bereichen der Werft haben wir erhebliche Verzögerungen."
Der Werftsprecher wollte den Bericht der Mitarbeiterzeitung nicht kommentieren, widersprach aber, dass es bislang über die "AIDAnova" hinaus zum Verzug bei Aufträgen komme. Die anderen Schiffe sollten erst später abgeliefert werden; es könne derzeit keine Rede davon sein, dass deren Auslieferung sich verzögere.
Betriebsrat und Geschäftsleitung hätten eine bis Ende des Jahres geltende Vereinbarung über freiwillige Mehrarbeit geschlossen, sagte Betriebsratsvorsitzender Nico Bloem. "Wichtig ist die Freiwilligkeit, es wird keiner gezwungen", sagte er.
"Die Stimmung im Moment ist angespannt, aber wir wissen, dass wir eine stark motivierte Belegschaft haben, die die Probleme sieht, löst und mitzieht", sagte er. Die Mehrarbeit könne nur eine kurzfristige Antwort sein und löse nicht die Probleme. "Die Fehler müssen erkannt und behoben werden, es muss dafür gesorgt werden, dass niemand auf der Strecke bleibt", sagte Bloem. Laut IG Metall bedeutet die Mehrarbeit eine 45-Stunden-Woche für die Betroffenen. "Man muss wieder in ein ruhigeres Fahrwasser kommen, das darf kein Dauerzustand sein", sagte Bloem dazu.
Dem Bericht zufolge gibt es auch bei dem Schiff "Spectrum of the Seas", das im April 2019 geliefert werden soll, erhebliche Verzüge in allen Bereichen, und zur "Spirit of Discovery", die am 20. Juni geliefert werden soll, heißt es: "Fertigstellung und Inbetriebnahme werden für das gesamte Schiff höchste Anstrengungen verlangen".
"Jeder Einzelne ist gefordert, mit aller Macht daran zu arbeiten, dass wir wieder auf Kurs kommen", zitierte die Zeitung den betriebsinternen Bericht. Zudem sollen Aufgabenbereiche neu aufgestellt werden.
"Über diese Dinge reden wir intern", sagte Werftsprecher Peter Hackmann. Die Auftragsbücher seien so gefüllt wie nie: Bis 2023 stehen darin einschließlich der "AIDAnova" 13 Kreuzfahrtschaftschiffe, hinzukommen zwei Vorverträge für kleinere Schiffe.
Bei der "AIDAnova" gebe es drei Faktoren, die zur Verzögerung geführt hätten: Der Prototyp-Charakter des Schiffes, die technische Innovation - es ist das erste mit Flüssiggas betriebene Kreuzfahrtschiff für die Reederei AIDA - sowie die gesamte Komplexität und Dimension des Projektes.
Werftchef Bernard Meyer hatte sich in der Vergangenheit allerdings stets stolz darüber gezeigt, dass die Kreuzfahrtschiffe trotz ihrer Größe und Komplexität pünktlich abgeliefert wurden. "Es stimmt, wir haben diesen Nimbus", sagte Sprecher Hackmann dazu.
Das Unternehmen ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen; mittlerweile arbeiten knapp 3500 fest angestellte Mitarbeiter in Papenburg. Vor vier Jahren wurde vom Wettbewerber STX die Werft im finnischen Turku übernommen. Organisatorisch muss die Werft die Digitalisierung der Arbeitsabläufe schultern. Auch die Führung des Familienunternehmens steckt mitten im Umbruch: Firmenpatriarch Bernard Meyer hat in den vergangenen Jahren immer mehr Verantwortung an seine Kinder Jan, Tim und Paul übergeben.
Der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Leer-Papenburg, Thomas Gelder, sagte, die Berichte von der Werft über Terminschwierigkeiten erfüllten ihn mit Sorge. "Es ist nachzudenken über das Verhältnis zwischen eigenen Mitarbeitern und Fremdmitarbeitern", sagte Gelder, der früher selber Betriebsratsvorsitzender der Meyer Werft war. Die Zahl der Werkarbeiter müsse verringert werden, forderte der Gewerkschafter. Die Schwierigkeiten allein auf Organisationsprobleme des gewachsenen Unternehmens zu schieben, greife zu kurz. Auch dürfe die Mehrarbeit kein dauerhafter Zustand sein./eks/DP/tos
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